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Bund bewilligt Abschuss von Nationalparkrudel

Engadin

Bund bewilligt Abschuss von Nationalparkrudel

26.09.2024, 14:03 Uhr
· Online seit 26.09.2024, 09:05 Uhr
Das hauptsächlich im Nationalpark im Engadin lebende Fuorn-Wolfsrudel wird definitiv eliminiert. Das Bundesamt für Umwelt hat ein Abschussgesuch des Kantons Graubünden bewilligt. Von der Wildhut geschossen werden die Elterntiere und mindestens sechs Jungwölfe.Der Nationalpark ist über den Entscheid enttäuscht.
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Gestützt auf die Bewilligung des Bundes verfügte das Departement für Infrastruktur, Energie und Mobilität die Freigabe des Rudels zum Abschuss. Das teilte der Kanton Graubünden am Donnerstag im Kantonsamtsblatt mit. Das Rudel muss allerdings ausserhalb des Parks geschossen werden, da dieser als streng geschützte Wildnis gilt.

Das Nationalparkrudel hatte nach Ansicht der Bündner Wildhut zwei Rinder gerissen. Der Kanton beantragte daraufhin beim Bund die Auslöschung des ganzen Rudels. Laut der Forschungskommission des Schweizerischen Nationalparks wurde aber mindestens eines der beiden Rinder von einer Jungwölfin gerissen, die gar nicht mehr zum Rudel gehört. Die Bewilligung des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) traf nun dennoch beim Kanton ein.

«Gegen den gesetzlichen Auftrag»

«Bei einem Entscheid, das Wolfsrudel Fuorn zu entnehmen, würde dem gesetzlichen Auftrag zum Schutz der Natur im Schweizerischen Nationalpark entgegengewirkt», hatte die Forschungskommission unlängst moniert. Auch wenn das Rudel ausserhalb des Parks geschossen würde, wären die Auswirkungen auf die gesetzlich verankerte, natürliche Entwicklung der Natur im einzigen Schweizer Wildnisreservat erheblich.

Die Auslöschung des ganzen Rudels sei aus wildtierbiologischer Sicht fragwürdig, hatte Nationalparkdirektor Ruedi Haller Anfang September gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärt.

Weiter bewilligte der Bund den Abschuss des Lenzerhornrudels auf der Lenzerheide. Zudem werden in Davos (Jatzhornrudel) und am Calandamassiv ob Chur (Calandarudel 2) zwei Drittel der Jungwölfe der dortigen Rudel zum Abschuss freigegeben. Schon länger bewilligt ist die Eliminierung des Vorabrudels oberhalb von Laax.

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Schutzauftrag des Nationalparks ausser Acht gelassen

Die Verantwortlichen des Schweizerischen Nationalparks nehmen die Abschussverfügung für das Fuorn-Wolfsrudel «mit grossem Bedauern zur Kenntnis», wie der Nationalpark in einer Stellungnahme mitteilte. Aus ökologischer Sicht mache es insbesondere keinen Sinn, die Leitwölfe zu entnehmen, solange nicht klar sei, ob sie mit dem Riss überhaupt etwas zu tun hatten. Resultate von DNA-Analysen würden erst nächste Woche erwartet.

Die Parkverantwortlichen bedauern auch, dass es nicht gelungen sei, in gemeinsamer Absprache eine Lösung zu finden, welche dem einzigen Schweizerischen Nationalpark und seinem nationalen Schutzauftrag gerecht werde. «Mit dem Entscheid des Bafu wurde ausschliesslich die Regelung in der nach wie vor provisorischen eidgenössischen Jagdverordnung berücksichtigt, dass bei einem Riss von Rinderartigen ein ganzes Rudel eliminiert werden kann», schrieb der Nationalpark.

Die Umweltorganisationen WWF und Pro Natura kritisierten die Abschussverfügung am Donnerstagmittag in einer gemeinsamen Stellungnahme. Das Augenmass sei gänzlich verloren gegangen. «Ein ganzes Wolfsrudel zu töten, das hauptsächlich im Nationalpark lebt, nur weil ein daraus abwandernder Jungwolf zwei Kälber erlegt hat, ist unverhältnismässig», schrieben die Organisationen.

Pro Natura Graubünden ruft die zuständige Regierungsrätin Carmelia Maissen (Mitte) zu einem Marschhalt auf. Der Kanton solle die Lage rund um den Nationalpark nochmals prüfen und die Abschussverfügung zurückziehen.

«Rudel überschritt rote Linie»

Hingegen zeigte sich der Leiter des Amtes für Jagd und Fischerei, Adrian Arquint, erfreut über den Entscheid aus Bern. «Das Bafu bestätigt unsere Beurteilung und stimmt unserem Gesuch vollständig zu», erklärte Arquint auf Anfrage von Keystone-SDA.

Das Nationalpark-Rudel habe mit dem Riss von zwei Tieren der Rindergattung im Vergleich zu vielen anderen Rudeln eine rote Linie überschritten. Das Verhalten des Rudels sei daher als «unerwünschtes Verhalten» eingestuft worden, sagte Graubündens oberster Wildhüter.

(sda)

veröffentlicht: 26. September 2024 09:05
aktualisiert: 26. September 2024 14:03
Quelle: FM1Today

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