Bernhard Ehrenzeller, seit gut einer Woche wird wegen der Plagiatsvorwürfe mit vielen Kanonen auf die Universität St.Gallen geschossen. Wieso hat es so lange gedauert, bis Sie, der Rektor, sich öffentlich äusserten?
Bernhard Ehrenzeller: Tatsächlich spüren wir das auch, dass viele Vorwürfe von Aussen kommen. Vergangenen Freitag hat dies angefangen. Zunächst mussten wir aber selbst nochmals anschauen, was ist da eigentlich passiert. Am Dienstag habe ich dann mit einem internen Interview für die Universitätsangehörigen reagiert.
Aber im hausinternen Medium ein Interview online zu publizieren, lässt ja keine kritischen Fragen von Aussen zu.
Das hat auch einen anderen Zweck. Die Information nach Innen soll die Leute bei uns informieren, was läuft. Die werden ja auch zu Hause angesprochen auf die Vorfälle. Nach Aussen hatten wir bisher ja auch keine Gelegenheit, uns zu äussern. Dies findet ja nun statt.
Ein Plagiatsforscher spricht von 25 Fällen, in denen etwas nicht korrekt abgelaufen ist. Studierende sagen, ihre Arbeiten seien missbraucht worden. Sie reden nach wie vor davon, dass sich alles regelkonform verhält. Das hört sich unglaubwürdig an.
Das kann ich verstehen. Es ist eine richtig komplexe Sache. Es gibt viele verschiedene Vorwürfe. Es gibt Vorwürfe gegenüber der Dissertation, wo es schon 25 Plagiate haben soll. Dann steht die Habilitation zur Diskussion und nun gibt es die Studierenden, die sagen, dass ihre Arbeiten unter dem Namen des Professors publiziert worden seien. In jedem dieser Bereiche sind wir nun daran zu schauen, ob diese substanziiert sind oder ob da etwas dran ist und kommen dann zu einem Ergebnis. Und ergreifen dann gegebenenfalls Massnahmen.
Können Sie sich erklären, wieso genau jetzt nun die Studierenden weitere Vorwürfe erheben, nach dem der Skandal bekannt worden ist?
Was mich betrübt als Rektor ist, wieso die Studierenden nicht zuerst zu uns gekommen sind. Wir haben funktionierende Verfahren, wir haben eine Ombudsstelle, eine Whistleblower-Stelle, man kann ins Rektorat kommen, aber die Studierenden sind an die Presse gegangen. Das berührt mich wirklich. Meine Haltung ist: Wir sind offen für solche Anliegen. Nun ist es halt so, wie es ist und wir gehen den Vorwürfen selbstverständlich nach.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Universität St.Gallen in der Kritik steht. Wie erklären Sie sich, dass solche Vorkommnisse jeweils in der Öffentlichkeit breit getreten werden?
Das kann man ja auch positiv sehen. Den Leuten scheint die HSG nahe zu liegen. Wenn hier etwas nicht rund läuft, leidet man mit. Und das ist intern ja auch so. Das jetzige Verfahren tut unsere Institution nicht gut. Viele Wissenschaftler fühlen sich angegriffen und wollen wissen, was jetzt eigentlich los ist. Und darum nehmen wir die Vorwürfe auch sehr ernst.
Wie geht es denn nun konkret weiter? Es stehen noch viele offen Fragen im Raum. Was machen Sie, um wieder Ruhe ins Haus zu bringen?
Als Nächstes steht nun ein sogenanntes Townhall-Meeting an. Alle Uniangehörigen sind eingeladen und das ganze Rektorat steht Rede und Antwort. Das ist der Anfang intern. Dann leiten wir nun die Verfahren ein, um die Vorwürfe zu prüfen. Wenn sich diese erhärten würden, würden wir die bisherigen Untersuchungen erweitern. Die Dissertation wird derzeit ja aber an der Universität in Darmstatt untersucht. Die werden auch zu einem Schluss kommen.
Und wenn sich die Vorwürfe erhärten, was sind die Konsequenzen?
Es ist klar, wenn man definitiv ein wissenschaftliches Fehlverhalten feststellt, dann kommt es noch drauf an wie schwerwiegend ist es. Wenn jemand unter falschem Namen publiziert, ist das sehr schwerwiegend und dann hat das personalrechtliche Massnahmen zur Folge.