Eine Untersuchung der HSG über neun Monate kam zum Schluss, dass dem Professor nichts vorzuwerfen sei. Ein externes Gutachten kann das aber letzte Woche nicht bestätigen. Und damit nicht genug: Nun gehen auch Studentinnen und Studenten gegenüber dem St.Galler Tagblatt auf die Barrikaden. Derselbe Professor soll ihre Abschlussarbeiten unter seinem Namen publiziert haben.
«Das finde ich schwach»
Roger Huber, Medienspezialist in Krisenkommunikation und Reputation, meint dazu gegenüber TVO: «Krisenkommunkation sieht anders aus.» Und weiter: «Im Krisenmanagement gilt es zu beachten, dass man der ganzen Situation einen Schritt voraus ist. Im Oktober keimte diese Geschichte auf und bis vor Kurzem hat man vom Rektor der HSG nichts gehört.»
Für Huber ist klar: «Dem Rektor der Universität St.Gallen, Bernhard Ehrenzeller, fehlt es an Führungsqualitäten. In einem Fall dieser Art sollte er möglichst schnell selbst vor die Kameras der Medien stehen und ein Statement abliefern. Es reicht nicht, wenn man seinen Mediensprecher vorausschickt. Das finde ich schwach.» Mittlerweile hat der Rektor in einem auf der Uniwebsite publizierten Interview ausführlich Stellung genommen. Das reicht gemäss Roger Huber aber nicht aus. «Grundsätzlich fehlt es an Transparenz. Über die Zusammensetzung oder die Arbeitsweise der HSG-Untersuchungskommission wurde nie ein Wort verloren. Das gibt den Medien Spielraum, um zu spekulieren», so der Experte.
Was sie schliesslich auch getan haben. Das St.Galler Tagblatt hat den Plagiats-Fall nochmals aufgerollt, indem sie die Hablitation von Plagiatsforscher Stefan Weber prüfen liessen. Dabei wurden scheinbar etliche Passagen analysiert, die plagiiert wurden.
«Der Fisch stinkt immer vom Kopf her»
Huber sieht aber nicht nur seitens der Universität Erklärungsbedarf. «Der Fisch stinkt immer vom Kopf her», so der Krisenkommunikations-Experte. «Stefan Kölliker würde als Vorsteher des Bildungsdepartementes im Kanton St.Gallen in der Verantwortung stehen, Stellung zu nehmen. Seit seinem Rücktritt scheint ihn aber nichts mehr so wirklich zu interessieren. Und ohnehin wich er HSG-Skandalen schon vorher immer aus.»
Schnellschüsse vermeiden
Reputationsexperte Bernhard Bauhofer beurteilt die Lage anders. Er sagt gegenüber FM1Today: «Man sollte sich die Zeit nehmen, die Vorwürfe gründlich zu untersuchen. Von vorschnellen Handlungen zu ihrer eigenen Verteidigung rate ich der HSG ab.» Aber: «Für die Reputation der St.Galler Universität ist der Vorfall massiv schädigend, das steht ausser Frage. Der Vorwurf alleine belastet die Universität schon schwer.»
«Mehr Schein als Sein»
Die Vorwürfe kommen für ihn aber nicht von ungefähr: «Die HSG wurde auch schon vorher nicht unbedingt positiv wahrgenommen. Sie gilt als stark leistungsorientiert. Das heisst, alles ist sehr kommerzialisiert. Es geht immer weniger um die Bildung als solche. Viele betiteln die HSG als eine Universität, die mehr Schein als Sein ist. Unter diesem Druck entstehen solche Geschichten», so der Reputationsexperte.
Bauhofer liefert aber gleich auch Lösungsansätze mit: «Die HSG sollte jetzt den Verdacht nochmals gründlich untersuchen. Eine konsequente Aufklärungsarbeit mit mehreren Experten wäre optimal», so der Reputationsexperte. «Weiterführend muss man dann in Zukunft Abschlussarbeiten dieses Formats besser überprüfen.»
Professor wurde krankgeschrieben
Für Roger Huber steht aber bereits jetzt fest: «So wie sich die ganze Situation entwickelt hat, ist der Professor für die HSG nicht mehr tragbar.»
Ob die Plagiatsvorwürfe wirklich Hand und Fuss haben, ist weiter unklar. Wie der Mediensprecher der Universität St.Gallen, Joachim Podak, gegenüber TVO mitteilt, wurde der Professor mittlerweile krankgeschrieben.
(les)