Maria Pappa wird gefeiert. Ein Blumenstrauss thront in ihrer einen Hand, mit der anderen nimmt die SP-Politikerin Gratulationen entgegen. Nachdem die Neugestaltung des Markplatzes, bei der Maria Pappa als Bauchefin vorne mit dabei ist, vom Stimmvolk angenommen wurde, wird die 49-Jährige als Stadträtin wiedergewählt. Sie erhält von den St.Gallerinnen und St.Gallern zudem die meisten Stimmen für das Amt der Stadtpräsidentin.
Allerdings erreichte sie das absolute Mehr nicht, weswegen ein zweite Wahlgang notwendig ist. «Jetzt beginnt der Wahlkampf wieder von Null», sagt Maria Pappa. Sie werde «natürlich erneut kandidieren», sagt sie lachend.
«Das war höhere Mathematik»
Weniger klar ist die Kandidatur von Markus Buschor. Der Parteilose wurde zwar im Stadtrat wiedergewählt, allerdings schnitt er bei der Stadtpräsidiumswahl schlechter ab als FDP-Mann Mathias Gabathuler, der bisher noch nicht im St.Galler Stadtrat ist. «Ich habe mich einerseits über die Wiederwahl gefreut, aber als ich die Folie mit den Ergebnissen der Stadtpräsidiumswahl sah, war das für mich ernüchternd», sagt der 59-jährige Architekt nach den Wahlen. «Ich habe wirklich mehr erwartet.»
Er könne es sich nicht erklären: «Das war höhere Mathematik. Die Wähler haben mich für den Stadtrat wiedergewählt, für die Position als Stadtpräsident bekam ich aber nur rund 5000 Stimmen.» Das Ergebnis zeige ihm, dass das Volk das Amt des Stadtpräsidenten höher gewichtet als das des Stadtrats.
Gabathuler fehlen Stimmen für Stadtrat
Ob er erneut antreten will, darüber muss Buschor noch einmal schlafen und alles mit seinen Unterstützern besprechen. «Ich habe nicht kandidiert, um Aufmerksamkeit als Stadtrat zu bekommen. Ich will Stadtpräsident werden.»
Das will auch Mathias Gabathuler. Der Rektor der Kantonsschule am Brühl kommt mit der ganzen Familie. Er strahlt und ist sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis. Bei den Interviews wirkt er wie ein alter Hase, obwohl er es beim ersten Wahlgang noch nicht in den Stadtrat geschafft hat. Mathias Gabathuler erhielt nach Maria Pappa mit rund 7000 Voten die zweitmeisten Stimmen für das Stadtpräsidium. Für den Stadtrat fehlten ihm rund 1000 Stimmen.
Wie es für Mathias Gabathuler jetzt weiter geht, weiss der 53-Jährige noch nicht ganz: «Auch ich muss noch einmal darüber schlafen und das Ergebnis mit der Partei besprechen.» Auch die Familie habe ein Wort mitzureden. «Ich bin sehr glücklich über das Ergebnis. Ich habe von Null aus gestartet und bei den Stadtratswahlen über 10'000 Stimmen erhalten. Ich bedanke mich herzlich für die Unterstützung.»
«Buschor hat keine Ambitionen mehr»
Für Reto Antenen, TVO-Politexperte, ist das Ergebnis der Wahlen nicht überraschend. «Wenn man den Rucksack der einzelnen Kandidaten anschaut, wie sie auftreten, hat man gemerkt, dass Mathias Gabathuler überzeugen konnte und Markus Buschor eher weniger.» Maria Pappa habe vor allem von den Frauenstimmen profitiert.
Warum Buschor als Stadtrat wiedergewählt wurde, als Stadtpräsidumskandidat aber die wenigsten Stimmen erhielt, erklärt sich Antenen damit, dass der Parteilose in letzter Zeit häufig in der Kritik stand: «Er hatte mit vielen Lehrern einen Zirkus, war unterschiedlicher Auffassung darüber, wie Corona bewältigt werden soll und auch der Kinderfestentscheid, der unter sein Departement fällt, wurde nicht von allen gut aufgenommen. 85 Prozent der St.Galler wollten das Kinderfest.» Antenen geht nicht davon aus, dass Buschor weitere Ambitionen haben wird.
Kandidaturen bis zum 15. Oktober
Trotzdem dürfte es beim zweiten Wahlgang am Sonntag, 29. November, spannend werden. Damit Mathias Gabathuler Stadtpräsident werden kann, muss er zuerst als Stadtrat gewählt werden. Es könne auch noch weitere Kandidaten für den Stadtrat geben, sagt Antenen: «Sollten die Grünen bei den Parlamentswahlen gut abschneiden, stellen sie vielleicht auch noch einen Kandidaten.»
Die Entscheidung über eine erneute Kandidatur muss bald gefällt werden: Bis 15. Oktober nimmt die Stadt die Kandidaturen entgegen.