Coronavirus

Gastro St.Gallen ist enttäuscht über Bundesratsentscheid

St.Gallen

Gastro über Bundesratsentscheid: «Frustriert und enttäuscht»

· Online seit 17.04.2020, 05:43 Uhr
Während die Läden und Schulen wieder öffnen dürfen, bleiben Restaurants vorerst geschlossen. Die Perspektivlosigkeit sei schlimm, sagt der Präsident des Branchenverbandes Gastro St.Gallen im Interview.
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Der Bundesrat hat am Donnerstag bekanntgegeben, wie er schrittweise aus dem Lockdown herauskommen will. Wie nehmen Sie diesen Entscheid wahr? 

Walter Tobler, Präsident Gastro St.Gallen: Er (der Bundesrat) hat ja nichts gesagt. Es ist schlimm, weil wir einfach keine Perspektive haben. Es kostet uns unendlich viel Geld, das Telefon lief heiss in dieser Zeit. Wirtinnen und Wirte haben sich bei uns gemeldet. Wir haben keine Ahnung, was läuft.

Sind Sie enttäuscht vom Bundesratsentscheid?

Ja, absolut. Wenn wir wenigstens wüssten, wie es irgendwann herauskommen wird – wir wissen aber nur, dass vor dem 8. Juni gar nichts passiert. Nun müssen wir sogar damit rechnen, dass es noch schlimmer wird.

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga appelliert an Sie als Branchenverband, dass Sie jetzt Schutzmassnahmen präsentieren sollen. Was denken Sie darüber, dass der Ball nun Ihnen zugespielt wird?

Es ging schon länger das Gerücht um, dass wir erst im Juli oder August wieder öffnen dürfen. Daraufhin haben Gastro Suisse und Hotellerie Suisse am Donnerstag einen Massnahmenkatalog präsentiert. Ich glaube, der Bundesrat hatte deshalb nicht den Mut, uns die Wahrheit auf den Tisch zu legen.

Wurde der Massnahmenkatalog zu spät präsentiert?

Wir wussten, dass es am Donnerstag einen Entscheid geben würde. Ich würde denen nicht unterstellen, dass es zu spät war. Jetzt, wo das Gerücht über die Öffnung im Juli oder August umging, haben sie vermutlich etwas mehr Gas gegeben.

Es wäre ja nicht morgen wieder aufgegangen. Unüberlegte Dinge finde ich auch nicht cool. Ich muss Gastro Suisse und Hotellerie Suisse in Schutz nehmen – die arbeiten viel. Die Perspektivlosigkeit ist das, was jetzt verärgert. Wenn wir den Betrieb irgendwann wieder aufnehmen dürfen, sind unsere Beizen nicht einfach wieder voll.

Was heisst das genau?

Das wird eine Anlaufzeit brauchen. Wenn wir beispielsweise davon ausgehen, dass der Service mit Masken arbeitet und die Tische auseinander gerückt werden, hat da noch jemand Lust, einzukehren? Das ist eine kritische Frage, die ich mir stelle. Je länger es dauert, desto mehr gewöhnen sich die Leute daran, nicht in die Beiz zu gehen. Wir werden um jeden Gast kämpfen müssen, wenn es nachher wieder aufgeht.

Sie rechnen also auch damit, dass vor dem Sommer nichts geht. 

Es sind noch verschiedene Fragen offen, trotz Massnahmenkatalog, der gut ist. Da haben sich einige in der Branche etwas überlegt – nicht der Bundesrat.

Wir sind mal davon ausgegangen, dass man Rücksprache mit der Branche hält, bevor man wieder was sagt. Das ist aber nicht passiert, wie mir der Präsident von Gastro Suisse gesagt hat. Das ist eine leidige Situation.

Man merkt, Sie sind sauer.

Es ist eine Mischung aus Frustration und Enttäuschung. Ich bin nicht ein Präsident, der einfach nur Präsident ist, ich stecke selber mitten drin. Auch geschäftlich.

Was unternehmen Sie jetzt?

Am nächsten Montag haben wir Präsidentenkonferenz im Netz, um uns darüber auszutauschen, was in den Kantonen läuft. Dann schauen wir, ob zusätzliche Stützen benötigt werden. Über Ostern hatte ich eine Diskussion mit dem Regierungsrat und gesagt, die Massnahmen würden ausreichen. Wenn es aber wirklich August wird... Laut Gastro Suisse werden 30 bis 40 Prozent der Betriebe dann nicht mehr öffnen.

(lae/lag)

veröffentlicht: 17. April 2020 05:43
aktualisiert: 17. April 2020 05:43
Quelle: FM1Today

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