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Per Zeitungsinserat zum wichtigsten Menschen im Leben

Per Zeitungsinserat zum wichtigsten Menschen im Leben

09.05.2016, 05:40 Uhr
· Online seit 27.04.2016, 17:22 Uhr
In der Ostschweiz herrscht ein Mangel an Privatbeiständen. Deswegen haben einzelne Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden Inserate geschalten -und Leute gefunden. Ein Bericht über die Menschen dahinter.
Raphael Rohner
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“Ich bin wirklich gespannt, was mich erwartet”, sagt Celine Bischof. Die junge Frau wirkt aufgeschlossen, sie steht mitten im Leben. Die 25-Jährige soll künftig Menschen für die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) des Toggenburgs als Privatbeistand betreuen. Beistände stehen beispielsweise hilfsbedürftigen Rentner zur Seite und regeln für diese beispielsweise die Finanzen.

Bischof war kaufmännische Angestellte und ist seit kurzem Mutter. “Ich will der Gesellschaft etwas zurückgeben – jetzt habe ich ja Zeit.”

Leben im Griff haben

Die Toggenburgerin ist eine von zehn Leuten, die sich auf ein Zeitungsinserat  gemeldet hat. Diese suchte nach Leuten, die Verantwortung übernehmen können: “Wir haben fast drei Viertel Erwachsene zu betreuen: vom dementen Bauern bis zum Multimillionär, der einen Unfall hatte”, sagt Glen Aggeler, Präsident der KESB Region Toggenburg.
Doch was müssen Interessierte mitbringen? Grundsätzlich sei ein einwandfreier Leumund und ein passender Charakter gefragt. Aber vor allem: “Sie müssen ihr eigenes Leben im Griff haben, um das eines Hilfsbedürftigen managen zu können”, sagt Aggeler, der ehemalige Polizist.

Die KESB bildet die Privatbeistände zusammen mit Fachstellen intern aus und weiter. Schwierige Fälle oder die Betreuung von Kindern werden hingegen von Berufsbeiständen übernommen.

“Ich habe meinem Messi-Nachbarn das Leben gerettet”

Ein erfahrener Privatbeistand ist der 72-jährige Christian Barblan. Er erinnert mit seinem ruhigen Bündnerdialekt, seinen grauen Haaren und den festen Händen an einen gutherzigen Grossvater. Barblan fand den Weg zum Beistand durch einen Nachbarn, dem er den Lebensabend wortwörtlich gerettet hat.
Der Bündner wohnte einige Jahre neben einem alten Bauern-Mannli, der allein und zurückgezogen auf seinem Hof lebte. Dieser hatte keine Verwandten und keine Freunde. Der Mann sei ein Messie gewesen und hätte nur noch in seiner alten Bauernküche gehaust, erzählt Barblan. “Ich ging eines Novembertages zu ihm hinauf und da lag Hans (Symbolname) halberfroren neben seinem Brunnen.”
Barblan sorgte dafür, dass er ins Spital kommt und suchte ihm ein Plätzli im Altersheim. Dort besuchte er ihn regelmässig und wurde als Beistand eingesetzt. Bauer Hans verstarb nach einer Zeit und Barblan kümmerte sich zusammen mit der KESB um alles, auch um den Hausverkauf.

Der alte Bauer Franz hatt dank des Privatbeistands Barblan einen Menschen im Leben gefunden, der für ihn sorgte. Genau solche Leute suchen die KESB-Stellen in der ganzen Ostschweiz. Leute, die anderen Menschen ihr Leben managen, wenn diese es nicht mehr selber handeln können.

veröffentlicht: 27. April 2016 17:22
aktualisiert: 9. Mai 2016 05:40
Quelle: rar

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