Ostschweiz

Angst um die Zukunft – Markthändler haben Existenzängste

Abgesagte Märkte

Markthändler bangen um Existenz und werden ungleich behandelt

27.06.2020, 17:38 Uhr
· Online seit 27.06.2020, 17:35 Uhr
Trotz abgesagter Märkte erhalten Markthändler keine Hilfe vom Staat. Viele von ihnen leben seit Dezember ohne jegliches Einkommen. Erst im Herbst wird entschieden, ob es überhaupt noch Bundesgelder gibt.
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Null Komma plötzlich musste Andreas Klee seinen Schuh- und Bekleidungsstand an einer Messe in Thun am 28. Februar abbrechen. An diesem Tag hatte der Bundesrat per sofort das Veranstaltungsverbot verhängt. Die Messe in Thun war der letzte Ort, an dem der Markthändler aus Oberegg mit seinem Stand war, nun hofft er auf die Zusage verschiedener Herbst- und Wintermärkte. Mit ihm bangen über 2000 andere Markthändler – sie alle fürchten um ihre Existenz.

«Viele werden die Coronakrise nicht überstehen»

«Bis jetzt findet dieses Jahr kein Markt wirklich sicher statt», sagt Andreas Klee zu FM1Today. Bei ihm flattern unzählige Absagen ins Postfach. Wann er wieder Geld verdienen kann, bleibt ungewiss. Der Ostschweizer hat jedoch Glück im Unglück. Da sein Geschäft zu den Einzelfirmen zählt, bekommt er Erwerbslosenersatzzahlungen von 196 Franken pro Tag. Bei vielen anderen Markthändlern sieht es viel schlechter aus. «Viele werden die Coronakrise nicht überstehen.» Klee kann noch auf sein Erspartes zurückgreifen.

Problematischer sieht es bei Markthändlern aus, deren Geschäft als GmbH oder AG eingeschrieben sind. Seit Mai fliesst dort kein Geld des Bundes mehr, da Märkte wieder zugelassen sind. Trotzdem wurde seither kaum ein Markt durchgeführt, zu umständlich sind die Schutzkonzepte.

«Das Problem ist, dass alle unterschiedlich viel Geld bekommen», sagt Markthändler Roger Wohlgemuth, der Magenbrot und Brezel verkauft. «Von März bis Mai konnte ich Kurzarbeit beantragen, das ist jetzt vorbei.» Hilfe erhält der Markthändler aus Tübach aber keine. Wohlgemuth lebt wie Andreas Klee von seinen Reserven.

Bei vielen Markthändlern geht es um die Existenz

«Ich weiss von vielen, bei denen es um die Existenz geht», sagt der Markthändler. Einige seiner Kollegen würden Lastwagen fahren gehen oder andere Jobs suchen. «Die momentane Situation geht vielen an die Psyche», so Roger Wohlgemuth. «Ich hoffe nun, das trotz der bestehenden Unsicherheit, noch einige Gemeinden die Durchführung eines Marktes erlauben.» Das gäbe den Markhändlern ein wenig Hoffnung.

Viele in der Marktbranche haben seit Dezember nicht gearbeitet

«Nicht nur wir, die ganze Veranstaltungsbranche ist betroffen. Das sind Zehntausende», sagt Hiltrud Frei, Präsidentin der Sektion Ostschweiz des Schweizerischen Marktverbands. Die Marktbranche würde es aber härter treffen, da viele seit Dezember nicht mehr arbeiten konnten. «Wir müssen innerhalb von acht Monaten so viel erwirtschaften, dass es für die Monate ohne Einkommen, also Januar, Februar, März reicht», sagt Frei. Die Coronakrise kam für die Markthändler direkt nach jener einkommensfreien Zeit.

Bis Ende Jahr können manche Markthändler ein wenig Geld auf den Wochen- und Monatsmärkten verdienen. Chilbis und Jahrmärkte gibt es diese Jahr wohl kaum mehr, Gemeinden sind zu unsicher wegen den geltenden Schutzkonzepten. Zum Beispiel: «Wie gewährt man einen Personenfluss?» Das sei eine der unklaren Fragen, weshalb die Gemeinden eher auf Absagen setzen würden. «Es ist momentan ganz schwierig», sagt Hiltrud Frei

veröffentlicht: 27. Juni 2020 17:35
aktualisiert: 27. Juni 2020 17:38
Quelle: FM1Today

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