Die weisse Plastikplane über dem Eingang des älteren Einfamilienhauses in Stein sticht sofort ins Auge und die Person, die darauf abgebildet ist, lächelt einem nicht nur von der hölzernen Fassade sondern auch von dem Mini entgegen, der auf der Einfahrt des Hauses steht. Von aussen ist gut zu erkennen, wer in dessen Innern haust: Es ist die Heimat von Zehnkämpfer Simon Ehammer.
«Kann mich für die olympischen Spiele qualifizieren»
Unter den Leichtathleten ist Simon Ehammer längst ein Star. Auf nationaler und internationaler Bühne erfuhr er die vergangenen zwei Jahre erstmals grössere Aufmerksamkeit, als er U20-Europameister wurde und an den U20-Weltmeisterschaften eine Bronzemedaille holte.
Im Frühsommer gelang es ihm, im Weitsprung eine Weite von 8,15 Metern zu springen – was vor ihm erst ein Schweizer schaffte. Dieses Wochenende nun stellte der 20-jährige Appenzeller bei den Mehrkampf-Meisterschaften in Langenthal die Jahresweltbestleistung mit 8231 Punkten auf. Er verpasste den Schweizer Rekord von Beat Gähwiler aus dem Jahr 1988 damit um bloss 13 Punkte.
JAHRES-WELTBESTLEISTUNG! Simon Ehammer gewinnt den #Zehnkampf an der Mehrkampf-SM in #Langenthal mit 8231 Punkten! Das ist ein Schweizer U23-Rekord! BRAVO! @UBSathletics @EuroAthletics @WorldAthletics @srfsport @RTSsport @RSIsport @DecathletesOfEu 📸https://t.co/FgmIfzE2Uv pic.twitter.com/oXYk0EZIAK
— Swiss Athletics (@SwissAthletics) August 9, 2020
Simon Ehammer ist auf dem Papier jetzt schon ein Teil der Weltspitze. Sich mit der Elite messen, konnte er hingegen aufgrund des coronabedingten Lockdowns noch nicht wirklich. Diverse Wettkämpfe wurden abgesagt, darunter beispielsweise auch die Europameisterschaften in Paris. Die Wettkämpfe, an denen sich Ehammer messen kann, haben somit erst im Juni so richtig begonnen. «Das ist natürlich schade. Das Coronavirus hat mir aber auch neue Möglichkeiten eröffnet. Durch die Verschiebung der olympischen Spiele kann ich mich dafür qualifzieren.»
«Jeder hat einen Medaillentraum an olympischen Spielen»
Damit ein Zehnkämpfer an die olympischen Spiele kann, muss er mehr als 8350 Punkte an einem Wettkampf erziehlen oder zu den besten 24 Zehnkämpfern der Welt gehören. Bisher hat es dafür noch nicht gereicht, aber: «Ich habe einen Leistungsschub gemacht und durch die guten Resultate von letzter Zeit kann der Olympia-Traum 2021 wahr werden.» Derzeit ist die Qualifikation aber sicher bis Dezember eingefroren.
Schafft es Ehammer tatsächlich an die olympischen Spiele hat er vor allem ein Ziel: «Erfahrungen sammeln, aber natürlich geht jeder mit einem Medaillentraum an die olympischen Spiele. Die Eindrücke müssen aber zuerst verarbeitet werden und dienen als Vorbereitung für die nächsten Spiele.»
Angebote aus den USA
Simon Ehammer trainiert in Teufen und startet an den Wettkämpfen unter dessen Turnverein. Obwohl der 20-Jährige bereits Angebote aus den USA für Colleges erhalten hat, möchte er seiner Heimat treu bleiben: «Ich möchte der Welt zeigen, dass es auch ein Athlet aus einem Turnverein an die Weltspitze schaffen kann.» Viele gute Sportler hätten in einem Turnverein angefangen und später gewechselt. «Derzeit erlebe ich stets einen Leistungsschub und solange es Fortschritte gibt, kommt für mich ein Wechsel nicht in Frage.»
Athletiktraining absolviert Ehammer ausserdem bei der Sportlerschule Appenzell in Teufen. Alles in allem sind es acht bis zwölf Stunden, die Ehammer pro Woche trainiert. «Ich war heute morgen um 6 Uhr bereits im Krafttraining.» Viel Zeit für andere Hobbys bleibt da nicht.
Bis zu diesem Jahr war Simon Ehammer in der Musikgesellschaft in Stein und spielte dort Bariton. Aufgrund des Aufstieg zu den Aktiven und somit in den Profisport sei dieses Hobby vermutlich ab diesem Jahr nicht mehr möglich.
«Ich habe in der Tiefgarage Kugeln gestossen»
Obwohl Simon Ehammer in gewissen Disziplinen, wie dem Weitsprung, überragt, möchte er sich nicht auf eine Disziplin fokussieren: «Ich finde die Abwechslung im Zehnkampf sehr interessant. Erst nach der zehnten Disziplin ist entschieden, wer gewonnen hat.»
Vor allem in den Wurfdisziplinen sieht Ehammer noch Verbesserungspotential. Deshalb hat er darauf während des Corona-Lockdowns einen speziellen Fokus gelegt: «Ich habe in der Tiefgarage Kugeln gestossen oder andere Wurfkörper geworfen.»
(abl)