Ostschweiz
Appenzellerland

«I ha es Glöschtli uf es Fröschli»

Party aus Froschperspektive

«I ha es Glöschtli uf es Fröschli»

· Online seit 04.11.2020, 20:39 Uhr
Appenzeller Alpenbitter hat erkannt, worauf viele Turnvereine, Fussballclubs und Guggen in der Schweiz gewartet haben: Fröschli – fixfertig abgefüllt in einer Flasche. Nur noch heisses Wasser muss zum Pfefferminz-Gemisch dazu. Das nehmen wir zum Anlass, um eine Party aus der Fröschliperspektive zu beschreiben.
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Ein Frosch ist eine grüne Amphibie. Ein Fröschli nicht etwa nur die Verniedlichung davon, sondern auch ein alkoholisches Heissgetränk. Es besteht aus grünem Wodka und Pfefferminztee. Jahrelang haben Turnvereine, Guggen oder Volleyballclubs an Generalversammlungen, beim Hüttendiensten oder auf Turnfahrten den grünen Wodka selbst mit Pfefferminztee gemischt. Jetzt hat Appenzeller Alpenbitter den Trotzki Hot Frog entwickelt – der Schnaps muss nur noch mit Wasser aufgegossen werden.

Weil das Fröschli viele durch ihre Jugend begleitete, wage ich einen Erlebnisbericht aus der Frosch-, also eigentlich der Fröschliperspektive.

Der erste Blick

Ich existiere noch nicht. Meine Bestandteile liegen verstreut auf dem langen Tisch, der mit einer weissen, von der Kantonalbank gesponserten, Plastikplane überzogen ist. Dort der grüne Wodka, dort die Teebeutel fein aneinander gereiht vor dem Wasserkocher, dessen Nabelschnur sich im freien Fall zwischen Tisch und Wand befindet.

«Hey Alte», ein junger Mann nähert sich dem Tisch. Zwei Hände klatschen aufeinander. Lachen. «Willst du ein Fröschli?» «Ja eh, ha es Glöschtli uf es Fröschli!» Die Jungs führen das Kabel dem Stecker zu. Ein Summen erklingt, das sich in ein leises Stöhnen verwandelt. Ein Blubbern. Ein Rauschen. Ein Geräusch als würde aus der Decke ein Wasserfall schiessen. Und dann: Klick. Der Hebel des Kochers senkt sich. Der Wasserfall verstummt. Dampf steigt langsam aus der kleinen Kerbe am oberen Rand des Kruges in die Höhe.

Das Herantasten

Wodkaflasche auf, Becher halbvoll, Pfefferminzteebeutel in die grüne Suppe und das ganze mit Wasser auffüllen. Tadaaa. Da bin ich. Geboren um zu sterben. Der erste meiner Spezies in diesem alten Holzschuppen, in dem der Schützenverein heute sein Jubiläum feiert. Freudesrauch bildet sich über meiner Oberfläche. Mir wird ganz warm.

Lippen nähern sich mir, umschliessen sorgfältig den weissen Pappbecher, kurzes Blasen, wodurch sich feine Kreise in meinem Innern bilden. Der erste Schluck. Ich weiss, dass ich zu heiss für ihn bin. Das Fluchen bestätigt meine Annahme. Er versucht es noch einmal. Wieder verbrennt er sich an mir seinen Gaumen. Der Daumen ruht derweil auf dem Zettelchen an der Schnur des Teebeutels, damit dieser nicht im grünen Meer versinkt.

Das Ausrasten

Nachdem wir uns beide aneinander gewöhnt haben, versiegt die Hitze im Raum. Die Lippen wandern unaufhörlich zum Pappbecher und gönnen sich einen Schluck Fröschli nach dem anderen. So läuft das den ganzen Abend. Gleichgesinnte kommen, Gleichgesinnte gehen. Werden zum Leben erweckt oder verschwinden in den Tiefen das Rachens. Mit der Zeit schwinden die Furcht und die Sorgfalt.

Zigaretten landen in halbvollen Bechern und Teebeutel werden in hohen Bögen gen Decke katapultiert. Da bleiben sie. Eine Weile. Bis sie wie kleine Fallschirme zurück auf den Boden oder den Mittelscheitel von Svenja knallen. Das Wasser im Wasserkocher ist längst nicht mehr warm und die Fröschli werden aufgrund des hohen Anteils an Wodka immer grüner. Und während die Gäste immer mehr die Besinnung verlieren, existiere ich plötzlich überall.

Auf dem weissen T-Shirt von Köbi. Ich klebe an den Fingern von Margrit und dem Lautstärkeregler der CD-Anlage. Und auch auf dem mit einer Plastikplane überzogenen Tisch haben sich kleine grüne Seen gebildet, die bald verdunsten und des Menschens Herzen am nächsten Tag nicht mehr erfreuen, sondern vermutlich bereuen lassen werden.

veröffentlicht: 4. November 2020 20:39
aktualisiert: 4. November 2020 20:39
Quelle: FM1Today

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