«Es war schon immer mein Traum, fünfspännig über die Schwägalp zu fahren.» Werner Stauffachers Herz schlägt für die Kutschenfahrt. Als eine durchgehend befahrbare Strasseninfrastruktur über die Schwägalp gebaut wurde, gab es bereits motorisierte Fahrzeuge. Darum bestand keine Notwendigkeit mehr für die klassische Postkutschenreise.
Stauffachers Wunsch wurde konkreter
Ab 1995 nahm sein Vorhaben konkretere Züge an, als er die Sache selbst in die Hand nahm. Das Projekt wurde komplett privat gestemmt, ohne finanzielle Beteiligung von Sponsoren oder dem Kanton. Die Herstellung der zweiten Kutsche, welche am 29. April seine Einweihungsfahrt haben wird, ging deutlich schneller.
Ähnlich wie Postautos durchlief auch die herkömmliche Postkutsche einen Wandel. Da die klassische Kurspostkutsche lediglich als Transportmittel von A nach B dient, war es wichtig, sie möglichst schlicht und zweckmässig zu konzipieren. So wurde sie immer schmaler gebaut, damit das Kreuzen auf den engen Strassen einfacher wird. «Für die Ausflügler gibt's die Reisekutsche mit offenem Dach, um die Umgebung bestaunen zu können», sagt Stauffacher.
Trotz Hürden hat er den Plan durchgezogen
Da die «Säntis-Post» die Tourismusregionen Toggenburg und Appenzellerland verknüpft – nach Vorbild einer klassischen Reisekutsche – fragte der Kutscher das eidgenössische Postarchiv in Bern nach geeigneten Bauplänen an. Die Antwort nach einer Woche: Es gebe keine. Dies hielt Stauffacher jedoch nicht davon ab, seine neue Herzensangelegenheit umzusetzen.
Frei nach Zeichnungen und Fotos von gängigen Modellen aus dem letzten Jahrtausend konzipierte er eine Cabrio-Kutsche. Das 1300 Kilogramm schwere Gefährt wurde wie vor 100 Jahren in Polen gefertigt. Das Gebiet zwischen der ostdeutschen Grenze und Warschau sei so bedeutsam für Traditionshandwerk, «wie Biel und Umgebung für den Uhrenbau ist», meint Werner Stauffacher. In einem lokalen Radius von 50 Kilometer finden sich dort Schmiede, Sattler und Wagner.
Angepasst an heutige Verkehrsverhältnisse
Für die Sicherheit im Strassenverkehr wurden ein paar Details angepasst, sagt Stauffacher. Die Postkutsche hat wohl noch die traditionelle Bremse, dazu seien aber Scheibenbremsen gekommen. Auch die Räder wurden mit Gummi überzogen. «Eisenräder würden auf der geteerten Strasse gleiten wie ein Schlitten.»
Dieses Mal war auch die Kommunikation bei der Kutschenanfertigung deutlich einfacher. Heutzutage kann der Wagner bei Unklarheiten «einfach ein Foto schicken und fragen, ist das gut so, soll ich noch ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger». Beim Kauf der ersten Kutsche musste Stauffacher vier Mal den 1200 Kilometer langen Weg auf sich nehmen, um Rückfragen zu klären.
Nach dem reibungslosen Produktionsablauf ist Werner Stauffacher nun bereit, mit der neuen «Säntis-Post» von Mai bis September erlebnisreiche Fahrten anbieten zu können. Nebst dem Postillion und Kondukteur haben in der neuen Kutsche acht Personen komfortabel Platz, welche die Berglandschaft durch das geöffnete Verdeck bestaunen können.
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