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Innerrhoden verstärkt Justizaufsicht: Reformen treten 2021 in Kraft

Justiz

Innerrhoden verstärkt Justizaufsicht: Reformen treten 2021 in Kraft

· Online seit 14.08.2020, 11:58 Uhr
Nach dem tragischen Verjährungsfall um den Tod eines Lehrlings und der Freistellung des leitenden Staatsanwalts hat Appenzell Innerrhoden seine Justizaufsicht neu geregelt. Wegen der Coronapandemie verzögert sich die Umsetzung. 2021 tritt das Reformpaket nun in Kraft.
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Der ehemals leitende Innerrhoder Staatsanwalt Herbert Brogli wurde am vergangenen Dienstag vom Vorwurf der Begünstigung freigesprochen. Dass der Fall um den Tod eines Lehrlings verjährte, hatte auch strukturelle Gründe. Die Standeskommission gleiste daher 2018 eine Reform der Justizaufsicht im Kanton auf.

Unter anderem wird eine Fachkommission eingesetzt, welche die Standeskommission (Regierung) auf deren Antrag hin beraten und in ihrer direkten Aufsichtsfunktion über die Staatsanwaltschaft unterstützen soll.

Wie die Innerrhoder Ratskanzlei auf Anfrage von Keystone-SDA mitteilte, tritt das Reformpaket am 1. Januar 2021 in Kraft. Auf diesen Zeitpunkt sei auch geplant, die dreiköpfige Fachkommission zu besetzen. Wer dem Gremium angehören wird, ist noch nicht bekannt.

Regierung verstärkt Aufsicht

Um einen weiteren tragischen Verjährungsfall wie jenen des verstorbenen Lehrlings zu vermeiden, hat die Standeskommission ausserdem ihre direkte Aufsicht über die Staatsanwaltschaft verstärkt. Der Innerrhoder Justiz-, Polizei- und Militärdirektor, Landesfähnrich Jakob Signer, führt gemäss Angaben der Ratskanzlei die dafür erforderlichen Gespräche mit dem neuen leitenden Staatsanwalt Damian Dürr.

Die Standeskommission lasse sich quartalsweise über den Stand der Pendenzen orientieren, heisst es weiter. Unklarheiten würden zwischen dem Landesfähnrich und der mittlerweile personell aufgestockten Staatsanwaltschaft im «unmittelbaren Austausch beseitigt». Derzeit seien keine Fälle hängig, bei denen eine Verjährung drohe.

Staatsanwalt war überlastet

Im September 2010 war ein Lehrling bei der Arbeit in einem Garagenbetrieb in Appenzell tödlich verunfallt. Sieben Jahre später wurde bekannt, dass der damalige leitende Innerrhoder Staatsanwalt Herbert Brogli das Verfahren soweit verschleppt hatte, dass die Verjährung nicht mehr abzuwenden war. Das Verfahren gegen drei Beschuldigte wegen fahrlässiger Tötung musste eingestellt werden.

Ein externer Untersuchungsbericht kam zum Schluss, dass Brogli die Untersuchungen nicht mit der nötigen Zielstrebigkeit, Planung und Umsicht geführt habe. Dieser wurde daraufhin freigestellt. Vergangenen Herbst klagte die Innerrhoder Staatsanwaltschaft – in dieser Sache vertreten durch einen ausserordentlichen Staatsanwalt aus St.Gallen – den ehemaligen Staatsanwalt wegen mehrfacher Begünstigung an.

Dass Brogli das Verfahren aber bewusst und vorsätzlich verschleppt und die drei Beschuldigten damit begünstigt hat, liess sich nicht nachweisen. Deshalb wurde der Staatsanwalt vom Bezirksgericht freigesprochen.

Während seiner Amtszeit hatte der leitende Staatsanwalt immer wieder eine personelle Aufstockung gefordert. Er sei mit administrativen Amtsleitungsaufgaben und einer gleichzeitigen Häufung von zwingend zu priorisierenden Fällen zunehmend überfordert gewesen, sagte Brogli am vergangenen Dienstag vor Gericht. Die Standeskommission habe ihm höchstens kurzfristig eine juristische Fachperson zur Seite gestellt.

Grossräte kritisieren «kosmetische» Reform

Im Oktober 2018 stellte die Standeskommission ihr Reformpaket zur Neuregelung der Justizaufsicht vor. Einige Grossräte kritisierten damals, dass die Reformen zu wenig weit gingen, und sprachen von «reiner Kosmetik». Sie forderten einen unabhängigen Justizrat mit viel weiterreichenden Kompetenzen, wie ihn einige Westschweizer Kantone kennen.

Die Standeskommission stellte sich gegen einen solchen Justizrat.Ihr Argument lautete, es sei schwierig, im kleinen Kanton überhaupt genügend Fachpersonal zu finden, das nicht befangen wäre.

2019 sprach sich die Innerrhoder Landsgemeinde für den Vorschlag der Standeskommission aus. Coronabedingt konnte die Umsetzung auf Verordnungsebene erst im Juni dieses Jahres vom Grossen Rat abgesegnet werden.

veröffentlicht: 14. August 2020 11:58
aktualisiert: 14. August 2020 11:58
Quelle: sda

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