Mehr Kinder als neu ausgebildete Lehrpersonen, dazu viele Pensionierungen: Die Schweiz leidet unter einem Mangel an Personal im pädagogischen Bereich, das ist kein Geheimnis. Gemäss dem Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz ist es insbesondere schwierig, Klassenlehrpersonen auf Primarstufe zu finden, speziell für die erste und zweite Klasse.
Herisau: Offene Stellen wegen Pensionierungen
Auch in Herisau sucht die Gemeinde auf das neue Jahr hin Lehrpersonen, gleich zehn Stellen sind ausgeschrieben, die meisten ebenfalls für die Primarschule. Von einem Lehrermangel möchte Michael Häberli, Abteilungsleiter Schulen bei der Gemeinde, aber nicht sprechen: «Wir beschäftigen rund 180 Lehrpersonen. Dass es auf das neue Schuljahr hin zehn offene Stellen gibt, ist nicht aussergewöhnlich.» Die meisten ausgeschriebenen Stellen seien auf Pensionierungen und steigende Schülerzahlen zurückzuführen.
Deutlich höhere Löhne im neuen Jahr
Die Gemeinde Herisau erhofft sich insbesondere mit höheren Löhnen neue Lehrerinnen und Lehrer anzulocken. «Der Einstiegslohn in den Zyklen 1 und 2 wurde per 1. Januar 2022 deutlich erhöht», ist auf der Stellenausschreibung zu lesen. Dieser Passus gibt zu reden, unter anderem auf Social Media. Bemängelt wird die fehlende Fairness gegenüber langjährig angestellten Mitarbeitenden. Doch ist das neue Lohnregime tatsächlich ungerecht? Häberli verneint: «Ungerecht wäre, wenn nur die Löhne der Neueinsteigenden angehoben würden. Das ist aber nicht der Fall. Alle Lehrpersonen, die in den vergangenen drei Jahren angefangen haben, bekommen mit der neuen Regelung mehr Lohn.»
Bei den Lohnerhöhungen handelt es sich um eine kantonale Massnahme. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden hat auf Beginn des Jahres 2022 die Löhne in den Zyklen eins (Kindergarten, 1. und 2. Klasse) und zwei (3. bis 6. Klasse) erhöht. Dies unter anderem, um die Löhne denen des Kantons St.Gallen anzugleichen, wo Primarlehrerinnen und -lehrer als Einsteiger bisher mehr verdienten. Anstatt 72'000 Franken jährlich verdienen Ausserrhoder Lehrpersonen neu 78'800 Franken für Unterricht auf besagten Stufen.
Nachholbedarf bei Anstellungsbedingungen
Geht es nach Michael Weber, Präsident der Ausserrhoder Sektion des Lehrerdachverbands, war die Erhöhung der Einstiegslöhne in Ausserrhoden längst überfällig. «Appenzell Ausserrhoden hat die tiefsten Löhne der Schweiz auf Primarstufe», sagt er. Es sei eine erste Verbesserung der Anstellungsbedingungen, allerdings bestehe auch noch an anderen Orten Nachholbedarf. «In Ausserrhoden gibt es keine Altersentlastung für Lehrer, in den umliegenden Kantonen jedoch schon. Auch die Pensen der Lehrpersonen in Ausserrhoden sind mit die höchsten der Schweiz.»
Wegen der bestehenden Anstellungsbedingungen sei der schweizweit herrschende Lehrermangel in Ausserrhoden noch ausgeprägter. «Wieso sollen junge Lehrerinnen und Lehrer hier anfangen zu arbeiten, wenn sie in Rorschach, St.Gallen oder Altstätten mit der gleichen Ausbildung die besseren Bedingungen vorfinden?», fragt Weber rhetorisch.
Lohnwettkampf der Kantone
Dass es einen Wettkampf der Kantone um Lehrkräfte gibt, findet Weber an sich nicht problematisch: «Die Lebenshaltungskosten sind in verschiedenen Kantonen der Schweiz auch unterschiedlich, auch dass die Lehrpläne unterschiedlich sind, ergibt aufgrund der verschiedenen Voraussetzungen Sinn.» Allerdings wäre es seiner Meinung nach wichtig, dass die Bedingungen zumindest in der Region harmonisiert würden, damit einige Junglehrerinnen und Junglehrer mehr den Weg ins Ausserrhodische finden – beispielsweise nach Herisau.