Das Wetter hat es mit den Veranstaltenden und mit den Besuchenden nicht gut gemeint - man könnte munkeln, das läge daran, dass der Böögg so lange nicht verbrannt wurde und das Wetter deshalb entschieden hat, es noch einmal richtig regnen zu lassen.
Regenschirme und Kapuzen, soweit das Auge blickte. Die Zünfte wie auch der Biedermeierverein Heiden schützten ihre schöne Kleidung mit Pellerinen und Schirmen. Eingepackt, als wäre es tiefster Herbst, liessen sich die Besucherinnen und Besucher aber keineswegs die Laune vermiesen.
«Der Regen macht uns gar nichts aus. Wir sind hier wegen des guten Festes - keineswegs aber wegen den Zürcherinnen und Zürchern», sagen Stefan Eugster und Matthias Jud und grinsen. Die beiden Oberegger lassen es sich an der Bar gut gehen und geniessen die Zeit. «Wenn's sein, soll dann brennt der Böögg auch», so die beiden. Stefan schätzte, dass dessen Kopf mach fünf Minuten explodieren würde, Matthias tippte auf 22 Minuten.
«Wir sind sehr begeistert»
Sie beide sollten nicht recht behalten. Aber dazu später mehr. Heiden ist selten so gut besucht, auch wenn das Dorf sicherlich schon einige Feste ausgerichtet hat. Doch schon alleine der Grössenunterschied zwischen der Stadt Zürich und Heiden spricht Bände: Heiden ist hundert Mal kleinder als die Stadt Zürich. Gemeindepräsident von Heiden, Robert Diethelm sagte, man habe für die Veranstaltung innert sechs Wochen von null auf hundert herauffahren müssen.
Und das hat funktioniert, Heiden war parat für das «Böögg-Aazönde». Glenda und Doris sind dafür aus Zürich angereist, keinesfalls wollten sie sich das entgehen lassen. «Wir waren natürlich schon in Zürich, wo der Böögg nicht verbrannt werden konnte. Wir sind Zunfttöchter, deswegen ist das Sechseläuten Pflicht», so die beiden. Das Appenzellerland gefällt den Zürcherinnen und von der Veranstaltung sind sie begeistert.
«Sie haben sich extrem Mühe gegeben und alle sind so freundlich. Ausserrhoden ist wirklich ein cooler Gastkanton, wir sind sehr begeistert», sagen Glenda und Doris. Ihre Schätzung, wie lange der Böögg brennen würde lag bei 43 und 35 Minuten. Auch sie sollten nicht recht behalten, auch wenn sie nah dran waren.
Glühwein im Juni
In der Menge war auch «Hannes Live» zu finden. Von ihm stammt der Böögg-Song, den er innert drei Wochen fertiggestellt hatte. «Als ich erfuhr, dass das Ganze in Heiden stattfinden sollte, war ich wie elektrisiert. Mit Salvo, der volkstümliche Musik und Schlager produziert, habe ich das Ganze dann umsetzen können», sagt Hannes.
Je näher der Uhrzeiger sich der sechs näherte, desto mehr Gäste strömten in Richtung Dunant-Platz und Streuliwiese, auf welcher der Böögg stand. Hansjörg und Nancy aus Goldach holten sich zum Aufwärmen noch einen Glühwein, den ein Stand kurzerhand noch organisiert hatte.
«Im Juni habe ich ja auch noch nie einen Glühwein getrunken», sagt Nancy und lacht. Sie und Hansjörg waren noch nie am Sechseläuten - nun, da das Anzünden des Bööggs so nahe war, wollten sie sich das nicht entgehen lassen. «Das wird es hier wohl nie mehr geben», sagen die beiden. Beide waren jedenfalls überzeugt, dass der Böögg brennen würde - Hansjörg gab dabei eine sehr spezifische Schätzung ab: «Nach 12 Minuten und 51 Sekunden wird der Kopf explodieren.»
31 Minuten und 28 Sekunden
Die Landjäger der Kantonspolizei Zürich kündigen mit einem Salutschuss schliesslich das Anzünden an, dessen Akt dem Ausserrhoder Landammann, Yves Noël Balmer, zuteil wurde. Erst züngelten die Flammen nur zögerlich, viel Rauch stieg auf, bevor das Feuer Fahrt aufnahm. Immer wieder explodierte etwas im Körper des Bööggs, was den Beobachtenden raunende und staunende Laute entweichen liess. «Ez explodiert er denn bald», mutmassten Leute ringsum, je näher das Feuer dem Kopf kam.
Der Kopf des Bööggs beugte sich irgendwann dem Feuer und fiel vom Holzstoss auf den Boden, auf dem er schliesslich nach 31 Minuten und 28 Sekunden explodierte. Doch glaubt man dem Volksmund, bedeutet dies, dass der Sommer eher nass und trüb wird. Aber sind wir ehrlich, das sind wir bereits gewohnt.