Ostschweiz

Ausserordentliche Gemeindeversammlung: Steckborn entscheidet über die Zukunft der Notasylunterkunft.

Gemeindeversammlung

Steckborner Stimmvolk entscheidet über die Zukunft des Asylzentrums

15.02.2024, 06:34 Uhr
· Online seit 15.02.2024, 05:39 Uhr
Heute Donnerstag, 15. Februar, findet die ausserordentliche Gemeindeversammlung bezüglich der Weiterführung des Asylzentrums Steckborn statt. Die Steckborner Stimmbevölkerung entscheidet über die Kündigung des Mietvertrags der umstrittenen Notasylunterkunft.
Linda Hans
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Dem Staatssekretariat für Migration (SEM) soll der Mietvertrag der Notasylunterkunft an der Talstrasse per Ende Februar 2024 mit einer sechsmonatigen Frist gekündigt werden. Dafür setzt sich besonders die Interessengemeinschaft (IG) Anwohner Asylunterkunft ein. Diese Bürgerbewegung hat 131 Unterschriften gesammelt, um eine ausserordentliche Gemeindeversammlung zu erzwingen. Ansonsten hätte die Abstimmung plangemäss erst Ende Februar stattgefunden.

Gespaltene Bevölkerung

Seit einigen Monaten wehren sich gewisse Kreise der Bevölkerung gegen die Unterbringung der Asylsuchenden im Ort. Gemäss der IG Anwohner Asylunterkunft wird das Leben in Steckborn durch die Asylunterkunft massiv gestört. Einerseits würden Ruhezeiten nicht eingehalten, andererseits komme es zu Delikten wie Hausfriedensbruch, Diebstahl, Belästigung oder Trunkenheit in der Öffentlichkeit. Die Kantonspolizei Thurgau kann den Zusammenhang krimineller Vorkommnisse und den Asylsuchenden nicht bestätigen.

Bei einem grossen Teil der Steckborner Bevölkerung sorgen die Aussagen der Bürgerbewegung für Kopfschütteln. In einem Leserbrief bezeichnete eine Einwohnerin die Website der IG Anwohner Asylunterkunft als «Reisserisch, Stimmungsmache und eine Schande für Steckborn». Auch in einer Steckborner Facebook-Gruppe wird stark über die Ansichten der Bürgerbewegung und deren Webseite diskutiert.

Verletzung des Solidaritätsprinzips

Mit dem Beginn des Ukrainekrieges wurde die Notasylunterkunft in Steckborn erstmals mit Asylsuchenden belegt. Heute sind dort aber auch geflüchtete Menschen aus anderen Ländern untergebracht. Der Vertrag über die Zivilschutzanlage Bühl zwischen der Stadt Steckborn und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) besteht bereits seit 2016. Bei Leerstand erhielt die Stadt jährlich 216'000 Franken vom SEM, mit der Belegung durch Asylsuchende hat sich der Betrag erhöht.

Für den Steckborner Stadtpräsidenten Roland Toleti spricht viel gegen die Kündigung des Vertrages mit dem SEM, wie er gegenüber dem Tagblatt sagt. Es gehe in erster Linie nicht ums Geld, sondern dass eine Kündigung eine Verletzung des Solidaritätsprinzips wäre.

Laut Thurgauer SP-Justizdirektorin Cornelia Komposch würde die Kündigung des Mietvertrags einen Präzedenzfall schaffen. Somit könnte es in der Zukunft zu ähnlichen Anliegen aus anderen Gemeinden kommen. Es gibt zwar auch schon Initiativen gegen Asylunterkünfte in Ebnat-Kappel und Aesch BL, ein «Ja» von Steckborn wäre aber eine Neuheit in der Schweiz.

So argumentieren die Parteien

Die Initianten argumentieren für die Kündigung des Mietvertrages, da die Steckborner Sicherheit unter der Asylunterkunft leide. Ausserdem hätten die IG-Vertreter nicht etwas gegen Flüchtlinge im Generellen, sondern sie wollen sich für die Schliessung der menschenunwürdigen Notasylunterkunft einsetzen.

Der Stadtrat spricht sich gegen die Kündigung aus. Er appellieren an die Solidarität, da gemäss Kompensationsklausel auch andere Gemeinden höhere Zuweisungen von Asylsuchenden erhalten würden. Ausserdem profitiere die Stadt finanziell von der Bereitstellung der Unterkunft und es gebe auch Vorteile wie den freiwilligen Einsatz der Flüchtlinge fürs Allgemeinwohl.

Von den politischen Parteien sprechen sich die Mitte, die SP, die GLP sowie die FDP gegen die Mietvertragskündigung aus. Einzig die SVP empfiehlt ein «Ja» an der Gemeindeversammlung. Die Befürworter stützen ihre Argumentation auf die soziale Verantwortung gegenüber den Schutz suchenden Menschen. Da die Schliessung der Notunterkunft die Probleme der Asylpolitik nicht behebe, sondern nur verlagern würde, gibt es Unstimmigkeiten innerhalb der SVP, nichtsdestotrotz spricht sich die Partei für die Kündigung aus.

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veröffentlicht: 15. Februar 2024 05:39
aktualisiert: 15. Februar 2024 06:34
Quelle: FM1Today

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