Ostschweiz

Der Medikamentenmangel für Haus- und Nutztiere spitzt sich zu

Lage kritisch bis katastrophal

Medikamentenmangel verschärft sich auch in der Tiermedizin

08.08.2023, 09:49 Uhr
· Online seit 08.08.2023, 07:12 Uhr
Nicht nur wir Menschen, sondern auch die Tiere bekommen den Medikamentenmangel immer mehr zu spüren. Die Tierärzte könnten in Zukunft wieder vermehrt zum Antibiotika greifen. Schweizer Bauern sind besorgt.
Elija Eberle
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Kritisch bis katastrophal: So schätzt die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte die Mangellage von mehreren Medikamenten für Tiere ein. Der Mangel an Arzneimittel ist nicht nur für uns Menschen spürbar, sondern auch für die Tiere. Laut dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL, handelt es sich um ein globales Problem. Weil der Markt in der Schweiz aber so klein ist, merkt man es hier besonders.

Keiner stellt Medikamente her

In der Schweiz gibt es nur sehr wenige Firmen, welche noch Tierarzneimittel produzieren. Und die Firmen, welche Veterinär-Pharma herstellen und diese global verkaufen, entscheiden sich meistens dagegen, etwas in die Schweiz zu liefern. Das sagt Claudia Graubner vom Vorstand der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte GST.

Die Gründe dafür seien wirtschaftlich. In der Schweiz müssten sie eine separate Zulassung beantragen und die Verpackung und die Packungsbeilage müsste in drei Amtssprachen gedruckt werden, was für diesen kleinen Markt zu viel Aufwand wäre. Die wenigen Produktionsstandorte seien aber nicht nur in der Schweiz, sondern auch auf der ganzen Welt ein Problem.

Wie auch in der Humanmedizin fehlen immer wieder Rohstoffe, weil sie nur noch an einem Ort weltweit produziert werden. Oftmals in Indien oder in China. Die Entwicklung mancher Arzneimittel kann allein dort schon 10 bis 15 Jahre dauern. Dazu habe die Corona-Pandemie die ganze Produktion ebenfalls gelahmt und der Ukraine-Krieg erschwert den Transport von Ost nach West zusätzlich.

Tiere könnten geschlachtet werden

Laut Claudia Graubner gäbe es momentan keine andere Option als zu warten oder auf einen Ersatz zuzugreifen. Teilweise können andere Wirkstoffe in bestimmten Fällen umgenutzt werden, was aber je nach Tierart sehr kompliziert und teuer sein kann. Im schlimmsten Fall kann es zu akuter Mangelversorgung der erkrankten Tiere kommen. Verschlechtert sich der Zustand des Tieres weiter, ist eine Schlachtung oder Einschläferung notwendig.

Antibiotika ist ein Ersatz, aber...

In der Schweiz wird Antibiotika immer weniger eingesetzt, vor 10 Jahren brauchte man noch doppelt so viel wie heute. Dies könnte sich jetzt wieder ändern.

Durch den Engpass der Medikamente könnte es dazu kommen, dass die Tierärztinnen und Tierärzte gezwungen werden, wieder vermehrt Antibiotika zu benutzen. Grundsätzlich wäre dies aber keine gute Entwicklung, wie SRF in einem Artikel berichtet.

Seit Jahren versucht man, den Einsatz von Antibiotika, besonders in der Tiermedizin, zu reduzieren. Je häufiger Antibiotika eingesetzt werden, desto eher werden Bakterien dagegen resistent. Wenn wir also das Fleisch von einem Nutztier zu uns nehmen, welches mit Antibiotika behandelt wurde, könnte das auch für uns gefährlich werden.

Problematisch wäre aber insbesondere, wenn in der Tiermedizin wieder vermehrt sogenannte «kritische Antibiotika» eingesetzt werden müssten. Diese sind eigentlich für den Menschen vorgesehen.

Bauern verzweifelt

«Auch wir haben das mitbekommen und sind davon betroffen», sagt Mathias Rüesch, Geschäftsführer vom Bauernverband St.Gallen. Als Bauer sei man das letzte Glied in der Kette und solange es sich nicht verbessert, steht man als Bauer dumm da, wenn man die Tiere nicht so versorgen kann wie man sollte. Auch für sie gibt es momentan keine Lösung.

Laut dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL, seien aber alle Beteiligten wie, Bundesstellen, Pharmafirmen, Tierärzteschaft und weitere bemüht, das Sterben von Tieren zu vermeiden. Aber man müsse eventuell auf das Antibiotika-Pflichtlager zurückgreifen, um die Mangellage zu überbrücken.

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veröffentlicht: 8. August 2023 07:12
aktualisiert: 8. August 2023 09:49
Quelle: FM1Today

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