Ostschweiz

Ex-Raiffeisen CEO Pierin Vincenz gab eine Viertelmillion für Stripclubs aus

Prozess 2021

Ex-Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz: Eine Viertelmillion für Stripclubs

· Online seit 05.11.2020, 16:45 Uhr
Die Anklageschrift der Zürcher Staatsanwaltschaft offenbart, mit was für Summen der ehemalige Banker um sich warf – und wofür. Nebst Rotlicht-Vergnügen liess er auch Hotelzimmer sanieren und Anwaltskosten begleichen, und das alles auf Firmenkosten.
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91'000 Franken im Zürcher Edel-Stripclub King's Club, 8000 im Red Lips, 22'000 bei Tabaris, 18‹000 im St.Galler Golden Club. Dieser Auflistung der Zürcher Staatsanwaltschaft müssten sich auch Rockstars in der Grössenordnung von Led Zeppelin nicht schämen und sie liesse sich auch noch viel länger fortsetzen. Nur: der Nutzniesser war kein Rocker sondern ein Banker.

Und sein Geld war es auch nicht.

Stripclubs, Hotelzimmer, Tinder

Von 1999 bis 2015 war Vincenz CEO der Schweizer Raiffeisenbank. Und er nutzte die Privilegien seiner Position hemmungslos aus, wie der Bericht von Inside Paradeplatz zeigt.

Der Bündner war Stammgast in den nobelsten Etablissements, lud befreundete Manager zu teuren Nachtessen und anderen Vergnügen ein und gab auch mal 700 Franken für das Date mit einer Tinder-Bekanntschaft aus.

Dabei zückte er stets eine seiner Firmenkreditkarten. Und nicht nur persönliche Annehmlichkeiten liess er sich durch die Raiffeisen bezahlen – auch andere Rechnungen gingen zu Lasten der Genossenschaft.

Etwa die Sanierung eines Hotelzimmers in Zürich. 2014 verbrachte er in der Suite des Businesshotels Park Hyatt die Nacht mit einer Cabaret-Tänzerin. Bei einem Streit wurde das Inventar derart beschädigt, dass die Suite teuer saniert werden musste. Die Kosten: Rund 3800 Franken. Auch spätere Abfindungszahlungen liefen über die Raiffeisen.

Vincenz war ausser Kontrolle

Rund eine Viertelmillion Franken kosten Vincenz› Eskapaden, 140'000 Raiffeisenfranken gab er für Anwaltskosten aus.

Vincenz war laut Staatsanwaltschaft in doppelter Hinsicht ausser Kontrolle. Er hatte selbst jegliches Mass verloren – konnte offenbar aber auch tun und lassen, was er wollte.

In der 350 Seiten starken Auflistung der Zürcher Staatsanwaltschaft wird auch das System beleuchtet, mit dem Vincenz die Raiffeisen und alle ihre Kunden jahrelang betrogen haben soll.

Anfangs stand Vincenz eine eigene Kostenstelle zur Verfügung, über welche die Spesen ohne weitere Fragen abgenickt wurden. Ab 2011 kam mit Eugen Mätzler, dem St.Galler Vertrauensanwalt von Vincenz, eine ausgeklügeltere Methode zum Zug.

Sämtliche Spesen, Löhne, Boni, etc. aller Geschäftsleitungsmitglieder kamen bei Mätzler zusammen und wurden von ihm über ein Konto bei der UBS abgerechnet, von wo aus er dann eine Rechnung an die Raiffeisen stellte. Die einzelnen Positionen von Vincenz Eskapaden verschwanden von da an im grossen Gesamtpot Mätzlers, so die Staatsanwaltschaft.

Vincenz vor Gericht

Der ehemalige Bankenchef muss sich nicht nur wegen der beschriebenen exorbitanten Spesen, sondern auch wegen anderer, wohl unsauberer Bankgeschäfte vor Gericht verantworten. Es geht dabei um Vorab-Investments in mehrere Firmen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Vor wenigen Tagen hat die Zürcher Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, der Prozess folgt im nächsten Jahr. Bis jetzt verbrachte Vincenz bereits rund 100 Tage in Untersuchungshaft.

(thc)

veröffentlicht: 5. November 2020 16:45
aktualisiert: 5. November 2020 16:45
Quelle: FM1Today

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