«Der Absprung ‹Fatal Attraction› ist nicht gefährlicher als andere Absprünge, er ist jedoch technischer», sagt Michael Schwery, Präsident der Swiss Base Association. Unterhalb dieses Absprungs auf den Churfirsten, den es seit zwei Jahren gibt, liegt ein Felsband. «Deshalb darf man sich hier keine Fehler erlauben, damit man schnellstmöglich vom Fallen ins Fliegen übergeht.»
Bei den beiden jüngsten Todesfällen vom vergangenen Donnerstag und von Ende Juli sind die Wingsuit-Piloten von diesem relativ neuen Startpunkt unterhalb des Hinterrugg-Gipfels gesprungen und nicht vom weltbekannten Ausgangspunkt «Sputnik».
Auch für die Kantonspolizei ist der Absprung «Fatal Attraction» eher neu. Ob die Unfälle im Zusammenhang mit dem Absprungort stehen, ist noch unklar: «Wir können zur Unfallursache noch nichts sagen. Wir ermitteln nach wie vor, wie es zum tragischen Unfall von letzter Woche gekommen ist», sagt Florian Schneider.
Dank Youtube weltberühmt
In der Vergangenheit wurde das Wingsuit-Springen von den Churfirsten weltberühmt. Losgetreten hat den Boom der amerikanische Extremsportler Jeb Corliss. Er stellte im Jahr 2011 das Video «Grinding the Crack» ins Netz, in dem er sich vom Startpunkt «Sputnik» am Hinterrugg stürzt.
2015 bekam der Sprung sogar eine Rolle in einem Hollywood-Film: Im Film «Point Break» springen Basejumper vom 2306 Meter hohen Punkt durch das Schattenloch, eine V-förmige Schlucht, in Richtung Walensee.
14 Unfälle seit 2011
Florian Schneider von der Kantonspolizei St.Gallen bestätigt: «Seit der Hinterrugg durch ein Youtube-Video bekannt wurde, ist er unter Basejumpern beliebt. Seit 2011 gab es 14 Fälle, bei denen die Polizei wegen eines abgestürzten Basejumpers ausrücken musste.» Dabei seien sieben Menschen ums Leben gekommen.
Zu gefährlich zum Fliegen?
Auch Angelo Umberg, Gemeindepräsident von Walenstadt, ist mit der Problematik immer wieder konfrontiert. Er hat sich nach dem jüngsten Unfall vor einer Woche mit Vertretern der Swiss Base Association unterhalten: «Ich habe gehört, dass der Absprung schwieriger als ‹Sputnik› ist», sagt Angelo Umberg auf Anfrage.
Sollte der Absprung «Fatal Attraction» tätsächlich gefährlicher sein, könnte dies Konsequenzen haben: «Dann wird sich der Gemeinderat Walenstadt in Zusammenarbeit mit der Swiss Base Association überlegen, den Absprungort zu verbieten.» Bevor dies geschehe, wolle man von der Polizei genaueres zur Unfallursache erfahren.
«Man sollte wissen, was man tut»
Anders schätzt den Sprung ein Wingsuit-Pilot aus der Region ein, der lieber anonym bleiben will. Er ist einer der Basejumper, der dem Sprung 2016 den Namen «Fatal Attraction» gegeben hat. Seither benutzen Basejumper den Sprung regelmässig: «Der Exit, wie wir den Absprungort nennen, ist nicht extrem anspruchsvoll», sagt er, «man sollte aber wissen, was man tut.»
Der Sprung sei eher nicht für «Base-Touristen» geeignet, welche nur zwei Wochen im Jahr springen. Dass die beiden tödlichen Unfälle im Sommer mit dem Absprungort zu tun haben, glaubt der Springer nicht.
«Fatal Attraction» boomt
«Der Exit ist sehr attraktiv. Daher wird er immer häufiger besucht. Die Unfälle haben also nichts mit dem Exit zu tun, sondern nur mit der Tatsache, dass dort viel gesprungen wird.»
Ob die Anzahl der Basejumper am Hinterrugg allgemein zugenommen hat, kann niemand genau sagen. Die Toggenburg Bergbahnen, welche die Basejumper auf den Chäserrugg befördern, führen keine Statistik: «Wir haben keine speziellen Tickets für Basejumper, somit ist es schwierig, diese von Wanderern zu unterscheiden», heisst es auf Anfrage.