Quelle: tvo
Das Fürstentum Liechtenstein hat in Bezug auf das Coronavirus – zumindest teilweise – andere Massnahmen getroffen als die Schweiz. So mussten beispielsweise im Fürstentum die Restaurants schliessen, dafür bleiben Veranstaltungen mit über 50 Personen erlaubt. Mauro Pedrazzini, Liechtensteiner Regierungsrat und Vorsteher des Ministeriums für Gesellschaft, beantwortet Fragen rund um die Massnahmen und deren Wirkung.
Herr Pedrazzini, vor rund dreieinhalb Wochen verschärfte das Fürstentum Liechtenstein noch früher als die Schweiz die Massnahmen. Hat sich die Corona-Situation bereits entspannt?
Ja, wir haben in den letzten Tagen festgestellt, dass der Durchschnitt der neuen Fälle über sieben Tage langsam abnimmt. Wir vergleichen nicht einzelne Tage miteinander, sondern ganze Wochen. Es geht in die richtige Richtung, obwohl das Niveau immer noch relativ hoch ist.
Ist bereits ein Trend erkennbar?
Ja, ich kann sagen, dass ein Trend da ist. Dieser muss sich aber noch verfestigen und darf nicht der Auslöser dafür sein, dass die Leute jetzt denken, es sei alles wieder wie vorher. Die Massnahmen, die wir getroffen haben, haben einen grossen Effekt, aber noch viel grösser ist der Effekt der Menschen. Sie müssen sich auch im Privatbereich an die Massnahmen halten und die Situation als dringlich erachten. Wenn wir zu früh Entwarnung geben, geht alles wieder von vorne los und die Fallzahlen steigen. Wir müssen vorsichtig bleiben, damit wir auf das Niveau kommen, auf dem wir die Massnahmen wieder lockern können.
Gibt es eine Anzahl an Fällen, bei der Lockerungen möglich sind?
Ich habe mich immer geweigert, klare Zahlen zu nennen. Es gibt verschiedene Parameter, die eine Rolle spielen: die Auslastung der Spitäler oder die Art der Ausbrüche. Was wir feststellen, ist, dass die Charakteristik bei der zweiten Welle etwas anders ist als bei der ersten Welle. Es dauert deutlich länger, bis die Massnahmen wirken – eher vier Wochen als zwei Wochen.
In der Schweiz sind die Spitäler stark ausgelastet, wie ist die Situation am Spital in Vaduz?
Wir haben keine Intensivstationen und sind auf die in der Schweiz angewiesen. Mit Sorge haben wir die Situation in der Schweiz in den letzten Wochen beobachtet und hoffen auf eine Entspannung. In unserem eigenen Spital liegen derzeit fünf bis zehn Corona-Patienten. Sehr stark betroffen sind Altersheime. Wir haben deshalb eine Isolationsstation für alle Erkrankten der einzelnen Altersheime eingerichtet. Dieses mussten wir gar noch erweitern. Mittlerweile entspannt sich aber die Situation.
Anders als in der Schweiz wurden im Fürstentum Liechtenstein auch Restaurants geschlossen.
Unsere Massnahmen sind nicht nur in Bezug auf die Restaurants anders als in der Schweiz. Die Schweiz ist beispielsweise bei den Veranstaltungen sehr stark eingeschritten. Wie haben dort einfach die Bedingung gemacht, dass es bei Veranstaltungen keine Verpflegung mehr geben darf. Damit wollen wir, dass die Leute die Maske nicht abnehmen, wenn sie sich begegnen. Wir haben aber keine 50-Personen-Grenze bei Veranstaltungen. Wir sind ein bisschen strenger bei der Gastronomie und lockerer bei Veranstaltungen.
Wie kommt dieser Entscheid bei den Gastronomen an?
Die Akzeptanz ist da, weil die Wirte auch sehen, dass die Leute keine Restaurants besuchen, solange die Fallzahlen hoch sind. Es nützt nichts, wenn wir die Restaurants offen lassen, die Menschen aber nicht hingehen. Die Wirte sehen ein, dass wir zuerst einen Zustand erreichen müssen, in dem die Leute wieder gerne auswärts essen und sich dabei sicher fühlen.
Gehen die Massnahmen der Schweiz zu wenig weit? Müssten auch dort die Restaurants geschlossen werden?
Wir gehen einen anderen Weg als die Schweiz, weil wir die Massnahmen beschlossen haben, als die Schweiz noch keinen Entscheid bezüglich Massnahmen gefällt hatte. Wir hatten es pressant. Als ein paar Tage später auch die Schweiz die Massnahmen verkündete, sagten wir uns, dass wir an unserem Weg festhalten. Wir müssen auch daran denken, dass wir die Massnahmen irgendwann wieder aufheben müssen, dann aber trotzdem irgendwelche Massnahmen haben müssen, die uns durch den Winter bringen. Es ist noch eine lange Zeit bis zum Frühling, bis wir wieder Veranstaltungen draussen haben können und im Sommer allenfalls eine Impfung zur Verfügung steht.
Die Restaurants bleiben sicher bis zum 29. November geschlossen. Bis dann gelten vorläufig die Massnahmen im Fürstentum Liechtenstein. Wie geht es danach weiter? Können die Menschen in der Weihnachtzeit auswärts essen?
Bei uns sind die Weihnachtsfeierlichkeiten traditionell im November und in der ersten Dezemberhälfte. Gegen den 24. Dezember gibt es nicht mehr so viele Festivitäten in den Restaurants. Wir haben also einen Teil des Weihnachtsgeschäfts bereits verpasst. Wenn sich die Massnahmen bewähren und die Zahlen herunterkommen, können wir rechtzeitig zu Weihnachten die Restaurants wieder öffnen. Ich gehe aber schon jetzt davon aus, dass es auch dann noch Beschränkungen, wie beispielsweise eine Maximalanzahl an Personen pro Tisch, geben wird. Ganz so wie früher wird es vor Weihnachten nicht werden.