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HCD Ladies trainieren zyklusbasiert – was bringt das im Spitzensport?

Pilotprojekt

HCD Ladies trainieren zyklusbasiert – was bringt das im Spitzensport?

· Online seit 14.08.2024, 06:29 Uhr
Hormone spielen auch beim Sport eine grosse Rolle. Denn diese könnten sich auf die Leistungsfähigkeit bei Frauen auswirken. Die HCD Ladies versuchen es deshalb mit einem zyklusorientierten Training und der Erfolg lässt sich spüren.
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Erstaunlich eigentlich, dass im Profisport, wo an jedem Schräubchen gedreht wird, um ein Prozent mehr herauszuholen, der Zyklus lange schlicht ignoriert wurde. Das soll sich ändern. Zumindest bei den HCD Ladies kam es zum Pilotprojekt, welches durch die Athletiktrainerin Sarah Kruse in Zusammenarbeit mit Davos Sports & Health und der Leistungsdiagnostik vom HCD lanciert wurde: «Mein Ziel ist es, das Bewusstsein auf den weiblichen Zyklus zu bringen. Gerade, weil die jungen Frauen oft an einem unregelmässigen Zyklus leiden. Sie sollen sich die Frage stellen, was ihr Körper in welcher Phase braucht und offen darüber sprechen.»

So sollen die Spielerinnen mit diesem Projekt lernen auf den eigenen Körper zu hören, jedoch aber auch verstehen, wann sie auf die Zähne beissen müssen. Denn im Leistungssport zählen am Ende die Ergebnisse.

Training auf den Körper abgestimmt

Die Spielerinnen vom HCD trainierten während der Sommerpause in zwei Gruppen. Die eine Gruppe, die hormonell verhütet und die andere, die einen natürlichen Zyklus und somit keine zusätzlichen Hormone nimmt. Die grösste Herausforderung für Kruse waren nicht die zeitversetzten Zyklen, sondern: «Es stellte sich die Frage, wie ändern wir das Training und was genau wollen wir damit erreichen. Doch weil alle zuverlässig mitgemacht haben, war es für uns überhaupt möglich, die ersten Anpassungen im Training vorzunehmen.»

So wurde das Training in der Menstruationsphase auf ungefähr 60 Prozent angepasst. «Das waren nicht immer genau 60 Prozent. Wir haben darauf geachtet, dass die Erholungszeiten während den Übungen länger sind und die Spielerinnen dann die Intensität runterschrauben», sagt die Athletiktrainerin.

«Wir sind gewohnt immer Vollgas zu geben»

So bevorzugten sie zum Beispiel in der Kondition ein längeres Grundausdauertraining vor dem hochintensiven Intervall-Training. Das sorgte bei der Spielerin Tanja Hänggi am Anfang für ein mulmiges Gefühl: «Ich wusste, die 60 Prozent während meiner Menstruation tun mir gut. Aber mein Kopf konnte es nicht richtig akzeptieren.» Denn die Spielerinnen sind es sich gewohnt, immer Vollgas zu geben.

Erste Resultate lassen sich zeigen

Obwohl Kruse meint, dass solch eine Testphase Zeit braucht, um Resultate zu wiedergeben, konnte Hänggi nach drei Monaten bereits von einem Erfolg sprechen: «Ich fühle mich sehr fit. Auch der Leistungstest hat gezeigt, dass ich über diese Zeit sogar besser wurde. Ich bin nun bereit für die kommende Saison.»

Aber nicht nur, denn in der Mannschaft habe sich auch das Verständnis zum Körpergefühl bereits verändert, sagt Hänggi: «Ich habe verstanden, dass es sich nicht lohnt, sich immer durch den Schmerz durchzubeissen. Und auf lange Sicht weiss ich, dass ich meine Leistung auch mit mehr Regeneration steigern kann.»

Nichtsdestotrotz bleibt der Fokus auf die bevorstehenden Spiele. Denn Hänggi weiss, dass der Spielplan sich nicht auf den Zyklus abstimmen lässt: «Wir sind doch Leistungssportlerinnen und ich glaube, deshalb ist es beim Spiel anders. Da schalte ich komplett um.»

So geht es nach dem Pilotprojekt weiter

«Ich werde versuchen, mit allen Daten meine Masterarbeit in Worte zu fassen. Ob es dann im nächsten Jahr im Sommertraining nochmals zum zyklusbasierten Training kommt, bleibt noch offen», sagt Kruse.  Und ergänzt: «Ich finde es wichtig, dass der Zyklus auch beim Frauenspitzensport Gehör findet und sehe es auch als Zukunftsdenken.

Auch Hänggi wünscht sich, dass das vermeintliche Tabu-Thema mehr Platz findet: «Ich fand es ein gutes Erlebnis und hoffe, wir werden den nächsten Sommer auch wieder so trainieren. Denn auch mein Bewusstsein für den weiblichen Zyklus hat sich dadurch verändert. Es sollte auch transparenter darüber gesprochen werden. Vor allem, um zu verstehen, was der Zyklus mit unserem Körper macht.»

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veröffentlicht: 14. August 2024 06:29
aktualisiert: 14. August 2024 06:29
Quelle: FM1Today

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