Ostschweiz

Nach Antisemitismus-Vorwürfen: Davoser Task Force beschliesst 10 Massnahmen zum Umgang mit jüdischen Touristen

Zehn Massnahmen

Nach Biketrail-Affäre und Eklat bei Schlittenvermietung: So will Davos Konflikte mit Juden vermeiden

· Online seit 04.07.2024, 16:36 Uhr
Erst kürzlich geriet Davos wegen Antisemitismus-Vorwürfen in einen regelrechten Shitstorm. Eine Task Force hat nun einen Massnahmenkatalog erstellt, um Skandale wie jenen um die Schlittenvermietung der Bergbahnen Pischa künftig zu verhindern.
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"Aufgrund verschiedener sehr ärgerlicher Vorfälle, darunter Diebstahl eines Schlittens, vermieten wir keine Sportgeräte mehr an unsere jüdischen Brüder" – ein Aushang mit diesen Worten an einem Fenster der Bergbahn Pischa in Davos sorgte im Februar für Furore. Antisemitische Vorwürfe wurden gegen die Bündner Tourismusdestination laut.

Im Sommer 2023 machte ein Video auf Social Media die Runde: Darauf waren orthodoxe Personen zu sehen, welche mit Kinderwagen auf einen Biketrail im Raum Arosa unterwegs waren. Dieses Video sorgte bei vielen Nutzerinnen und Nutzern für Kopfschütteln.

Wie die Davoser Task Force mitteilt, «sei nach Fragen des Alltagsverhaltens mit internationalen Gästen verschiedentlich zu Missverständnissen gekommen». Auf gut Deutsch: Die Davoser Bevölkerung hat sich über das Verhalten von Touristen geärgert und – wie im Falle der Bergbahn Pischa – fragwürdig reagiert.

Davos als weltoffener Begegnungsort

Daraufhin wurde von der Davos Destinations-Organisation eine Task Force gegründet, welche Massnahmen zur Verständigung zwischen der Davoser Bevölkerung und internationalen Gästen fördern sollte. Das Ziel sei es, dass «Davos weiterhin ein attraktiver, weltoffener und internationaler Ort der Begegnung und Erholung» sein soll.

Nach Rücksprache mit verschiedenen Parteien, darunter der Schweizerische Israelitische Gemeindeverbund (SIG) und der jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft in Zürich, hat die Task Force nun zehn Massnahmen formuliert.

Rabbiner als Ansprechpersonen

Als erste Massnahme soll während den Sommerwochen ein «Hub» geschaffen werden. Dieser soll als zentrale Anlaufstelle dienen, bei welcher Informationen sowie weitere Dienstleitungen erhältlich sein sollen.

Der «Hub» soll auch als Beratungsstelle bei allfälligen Konflikten oder Missverständnissen dienen. Ausserdem sollen auch Rabbiner einbezogen werden, welche bei Bedarf Ansprechpersonen für die Davos Destinations-Organisation sein sollen.

Auch das Sommerprojekt von «Likrat Public» – ein Dialog- und Präventionsprogramm des SIG – soll in Davos weiter ausgebaut werden. Diese und weitere Massnahmen sollen das gegenseitige Verständnis fördern.

Kulturplatz Davos als Plattform für Dialog

Unter den ergriffenen Massnahme ist auch die historische Aufarbeitung der jüdischen Geschichte in Davos. Durch spezifische historische Arbeiten sollen die Auseinandersetzung mit diesem Thema vertieft werden.

Der Kulturplatz Davos soll dabei als Plattform für Dialoge dienen. Dort wird es Veranstaltungen zur Vermittlung historischer Hintergründe der jüdischen Geschichte geben. Auch sollen Auseinandersetzung mit interkulturellen Fragestellungen stattfinden.

Verantwortliche sind zuversichtlich

«Bisher waren wir mit unserem Dialogprogramm Likrat Public in Davos im Wesentlichen auf uns alleine gestellt. Wir sehen nun ein klares Zeichen des Engagements von Davos, in ein Miteinander zu investieren», sagt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des SIG auf Anfrage der Today-Redaktion.

Dies alleine sei ein grosser Fortschritt und man sei zuversichtlich, dass man die Pilotphase diesen Sommer erfolgreich meistern werde. «Im Gegensatz zu früher haben wir einen gesamtheitlichen Ansatz: verschiedene Massnahmen, die auf alle Seiten gerichtet sind, und von allen Akteuren getragen werden.» Welche Wirkung man nun gemeinsam erzielen werde, bleibe abzuwarten.

Gemäss Reto Branschi, Direktor der Davos Destinations-Organisation, ist die Ausganglage für alle Beteiligten anspruchsvoll gewesen: «Dank gegenseitigem Respekt und gutem Willen aller Seiten, konnten wir zehn Massnahmen skizzieren die nun getestet werden. Wir haben damit eine gute Ausgangslage, um das Miteinander zu verbessern.»

Die Massnahmen werden nun in der Sommersaison 2024 getestet, überwacht, evaluiert und allfällig angepasst. Die Davos Destinations-Organisation übernimmt dabei die Funktion als Ombudsstelle für ansässige Tourismus-Betriebe.

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veröffentlicht: 4. Juli 2024 16:36
aktualisiert: 4. Juli 2024 16:36
Quelle: FM1Today

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