Ostschweiz

Nach Korruptionsvorwürfen: Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner lässt sich wochenlang krankschreiben

Causa Wirtschaftsbund

Nach Korruptionsvorwürfen: Vorarlberger Landeshauptmann krankgeschrieben

· Online seit 22.06.2022, 16:59 Uhr
Markus Wallner überstand ein Misstrauensvotum, stand vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Wien – und geht nun in den Krankenstand. Die Anstrengungen und Vorwürfe der letzten Monate hätten ihre Spuren hinterlassen, schreibt die Landesregierung.
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Lange galt Vorarlberg als Musterknabe unter den österreichischen Bundesländern. Dieses Antlitz hat während der letzten Monate jedoch tiefe Falten bekommen. Es gibt happige Vorwürfe gegen die Regierungspartei ÖVP und ihren Landeshauptmann Markus Wallner. Stichwort: Causa Wirtschaftsbund.

Und diese Affäre scheint auch bei ihm tiefe Spuren hinterlassen zu haben, ihm sogar auf die Gesundheit zu schlagen. Wallner tritt ab sofort in einen mehrwöchigen Krankenstand, wie die Vorarlberger Landespressestelle mitteilt.

Rücktritt steht nicht im Raum

Dazu geführt habe einerseits die Krisenbewältigung über die vergangenen Monate. Vor allem dürften jedoch die Vorwürfe gegen die ÖVP und gegen Wallner persönlich zu diesem Ausfall geführt haben. Dies bestätigt die Pressestelle: «Andererseits haben selbstverständlich auch die Vorwürfe rund um die Causa Wirtschaftsbund und die damit verbundenen Anstrengungen zur Klarstellung dieser gegen ihn gerichteten, haltlosen Vorwürfe zu einer aussergewöhnlich hohen Belastung mit körperlichen Beschwerden geführt.»

Auf dringenden ärztlichen Rat hin trete der Landeshauptmann deshalb einen mehrwöchigen Krankenstand an. Die Stellvertretung sei gewährleistet, heisst es weiter. Und: Es handle sich nicht um einen Rücktritt. Diese Option stehe nicht im Raum, präzisiert ein Sprecher.

Steuern, Spenden, Korruption

Wie haltlos die erwähnten Vorwürfe tatsächlich sind, muss sich noch zeigen. Klar ist: Sie sind zahlreich und es kommen immer mehr dazu. Im Zentrum steht der Vorarlberger Wirtschaftsbund, eine Struktur der ÖVP.

In deren Zeitung «Vorarlberger Wirtschaft» erschienen über einen längeren Zeitraum auffällig viele Werbeanzeigen. Zum einen von privaten Unternehmen, aber auch halbprivate und die offizielle Wirtschaftskammer des Landes inserierten dort. Mit einem ORF-Bericht kam der Verdacht auf, dass es sich hierbei – und wegen überhöhter Preise der Inserate – um illegale Parteispenden handeln könnte.

Weiter stellt sich den zuständigen Finanzämtern die Frage, ob diese Gelder korrekt versteuert wurden. Auch, ob Markus Wallner persönlich involviert war oder nur seinen Laden nicht im Griff hatte. Korruptionsvorwürfe wies er vor einem Untersuchungsausschuss zurück, gab jedoch zu, er habe vielleicht ein wenig zu lange zugeschaut. Es könnte aber noch mehr dahinterstecken.

Politische Vorteilnahme?

Seit der Rummel um die Inserate bekannt wurde, ist es beim Wirtschaftsbund zu zwei Rücktritten gekommen, Geschäftsführer und Obmann des Bunds nahmen den Hut. Auch zwischen ihnen gab es Auffälligkeiten.

Der Obmann erstattete dem Geschäftsführer beispielsweise einen Kredit über 250'000 Euro – zinslos. Gegen Wallner dagegen gibt es Vorwürfe, er habe einen Unternehmer dazu gedrängt, Inserate zu schalten – und im Gegenzug vorteilhafte politische Behandlung angeboten.

Wallner bestreitet diese eidesstattliche Aussage eines anonymen Managers vehement und spricht von einer Lüge. Vor dem Untersuchungsausschuss Ende Mai bekräftigte er diese Haltung, er habe niemals politische Vorteilnahme im Austausch für Inserate angeboten.

Auf die Nachfrage hin, ob er denn überhaupt jemals Werbung für Inserate gemacht habe, verneinte er einmal, ein anderes mal konnte er sich nicht erinnern.

Wie weiter?

Nun ist Markus Wallner bis auf Weiteres krankgeschrieben. Es wird sich zeigen, ob seine Gesundung mit dem Ergebnis der laufenden Ermittlungen zusammenhängt. Auf das politische Überleben des Landeshauptmanns, der in seiner Position für mehr als 10 Jahre als Saubermann galt, trifft das wohl zu.

Die Meinungen sind wie gewohnt polarisiert, es stellen sich längst nicht alle gegen die ÖVP und Wallner. Ein Misstrauensantrag im Landtag gegen ihn scheiterte. Klar ist jedoch auch: Viele erwarten etwas Anderes von einer politischen, gar einer Regierungspartei, als sich gerade nur im Rahmen der Legalität oder im Graubereich zu bewegen.

Erstaunlich ist auch, dass Österreich einen politischen Skandal nach dem anderen liefert. Und wie beim Sturz von Ex-Bundeskanzler Kurz stehen ausgerechnet Zeitungsinserate im Zentrum.

veröffentlicht: 22. Juni 2022 16:59
aktualisiert: 22. Juni 2022 16:59
Quelle: FM1Today

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