In Österreich sorgt derzeit eine Kündigung aus aussergewöhnlichen Gründen für Aufregung. Monika R. ist 47 Jahre alt und als Volksschullehrerin in der Nähe der oberösterreichischen Stadt Linz tätig – oder genauer gesagt: war tätig.
Entlassung kurz vor Weihnachten
Denn die Sport- und Förderlehrerin wurde von der Bildungsdirektion des drittgrössten österreichischen Bundeslandes entlassen – kurz vor Weihnachten, wie die Zeitung «Oberösterreichische Nachrichten» schreibt. Grund dafür ist der eher spezielle Nebenjob der Pädagogin: Monika R. bloggt und vloggt sich quer durch Social Media und gibt dort Tipps bezüglich Sexualität, Liebe oder auch Geschlechterrollen. Zudem bietet die 47-Jährige gegen Bezahlung Zoom-Meetings an, in denen sie Kundinnen und Kunden als Motivationstrainerin coacht.
Doch die Kombination all dieser Themen war der oberösterreichsichen Bildungsdirektion offenbar zu heiss. Weil das Vertrauen in die Lehrerin nach dem Bekanntwerden ihrer Nebentätigkeit «nachhaltig zerstört» sei, wurde R. entlassen. Sie arbeitete seit 2016 als Pädagogin im «Mühlviertel», einer Region im Norden der Stadt Linz.
Nebenjob «nicht vereinbar» mit Beruf
Das Entlassungsschreiben, das der Regionalzeitung vorliegt, enthält noch weitere Ausführungen, weshalb der Social-Media-Auftritt der Orgasmuspäpstin «nicht vereinbar» mit der Lehrerinnenanstellung sei. Die Inhalte seien demnach zu einfach, also auch für ihre Schülerinnen und Schüler, abrufbar, sie müsse sich als Lehrperson auch in der Öffentlichkeit «entsprechend präsentieren» und eine «derart grosszügige Aufklärung über ihr eigenes Sexleben» gehe zu weit. Zudem seien Ausdrücke wie ein «explodierendes Sexualleben mit multiplen Orgasmen» unangemessen.
R. stösst diese Argumentation sauer auf. Einerseits habe sie ihre beiden Jobs stets seriös voneinander getrennt und online beispielsweise nie erwähnt, dass sie Lehrerin sei. Sie habe ihre Arbeit als Lehrerin zudem immer ordentlich erledigt. Andererseits sei es schlimm, dass Themen wie Sex und Liebe heute noch ein solches Tabu darstellten. «Ich hoffe, dass mein Fall zum Nachdenken anregt», so die 47-Jährige, die studierte Religionswissenschaftlerin ist, gegenüber den «Oberösterreichischen Nachrichten».
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«Kein Grund, um Lehrperson zu künden»
Unterstützung erhält die Lehrerin aus der Schweiz: Patrick Keller, Präsident des St.Galler Lehrerinnen- und Lehrerverbands und selbst Oberstufenlehrer, hat wenig Verständnis für die Kündigung: «Ich persönlich kann das nicht nachvollziehen. Meiner Meinung nach ist das kein Grund, um einer Lehrperson zu künden.»
Die beratende Art und Weise des Social-Media-Inhalts der «Orgasmuspäpstin» erachtet Keller nicht als problematisch. Komplizierter wäre es, wenn sie sich selbst freizügig präsentieren würde. «Dann müsste man sicher hinterfragen, ob die Vorbildfunktion, die man als Lehrperson hat, noch erfüllt wäre», so Keller. Er weist aber auch hier daraufhin: «Als Lehrperson hat man ebenfalls ein Leben neben dem Beruf und ist grundsätzlich frei zu tun, was man möchte, wie jeder andere auch.» Aufgrund der Vorbildfunktion dürfe man die Latte für Lehrpersonen jedoch schon ein wenig höher ansetzen.
Im Allgemeinen seien Nebenjobs als Lehrerin oder Lehrer in der Regel aber unproblematisch. Genau hinschauen, müsse man jeweils bei den Pensen. «Wenn jemand 100 Prozent als Lehrperson arbeitet, muss man sicherstellen können, dass die pädagogische Arbeit bei einem zusätzlichen Nebenjob nicht leidet», erklärt Keller. Wichtig sei dabei eine offene und ehrliche Kommunikation. Auch wenn jemand nur Teilzeit angestellt ist und einen Nebenjob hat, gehöre es zum guten Ton, dass man dies transparent offenlege. Im Fall der österreichischen Lehrerin sei dies der Fall gewesen, sagt zumindest sie selbst.
Schulleiter erhält Hassnachrichten
Ohnehin denken aber viele Leute ähnlich wie Lehrerverbandspräsident Patrick Keller. Das zeigen die Reaktionen auf die Kündigung in Österreich. Während R. auf Social Media viel Zuspruch und Aufmunterung erhält, hat die Entscheidung der Oberösterreicher Bildungsdirektion nebst viel Unverständnis auch üblere Reaktionen provoziert. Einer der Leidtragenden ist der Schulleiter, der nun Hass-E-Mails zugeschickt bekommt – obwohl die Kündigung gar nicht durch ihn, sondern eben durch die Schulbehörde ausgesprochen wurde.
Gegenüber den «Oberösterreicher Nachrichten» kritisiert er zudem, dass die Rollen medial zu einfach verteilt wurden. Der Fall sei nicht einfach schwarz oder weiss. «Es gibt auch noch eine zweite Seite», wird er zitiert. So habe es im vergangenem Herbst bereits Mitarbeitergespräche mit Lehrerin R. gegeben, Grund dafür seien Elternbeschwerden gewesen. Dabei sei es um die Art und Weise des Unterrichts der nun geschassten Lehrerin gegangen. Seitens der Eltern würde sich nun niemand darüber aufregen, dass R. entlassen worden ist, so der Schulleiter.
Ob es bei der Kündigung bleibt, ist indes noch nicht geklärt. Denn einfach hinnehmen, will die Orgasmuspäpstin den Entscheid nicht. Ihr Anwalt hat bereits eine Klage gegen die fristlose Kündigung eingereicht.