Ostschweiz

Ostschweizer Clubbesitzer kritisieren Öffnungen

Ostschweizer Clubs

«Cluböffnungen waren nicht fertig gedacht»

29.06.2020, 19:11 Uhr
· Online seit 29.06.2020, 17:23 Uhr
In Zürich sind rund 300 Club-Besucher in Quarantäne, in Chur füllten am Wochenende Festfreudige die Gassen, als gäbe es kein Coronavirus. Dass es soweit kommt, befürchteten Ostschweizer Clubbesitzer schon länger. Für sie ist die obligatorische Datenerfassung zu wenig ausgereift.
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Dicht nebeneinander, sich in den Armen liegend und lachend stehen zahlreiche Menschen am Samstagabend im Churer Welschdörfli – der Partymeile der Bündner Hauptstadt. Die Gasse ist über die ganze Breite mit Menschen gefüllt. Ein Bild, das diese Szenerie zeigt, wurde in der Gruppe «du bisch vo Chur, wenn» geteilt und erhielt mehrere hundert Kommentare.

Die meisten davon sind negativ. «Die Blödheit der Menschen ist nahezu unglaublich», ist nur einer davon. Spätestens seit dem Vorfall in Zürich, mit einem infizierten Clubbesucher und 300 Gästen in Quarantäne, ist das Wort «Nachtleben» bei vielen negativ konnotiert und sogar Vertreter aus der Clubszene sind der Meinung: «Die Cluböffnungen waren nicht fertig gedacht».

Roni Szepanski, Geschäftsführer des Selig Clubs, der sich mitten im Welschdörfli befindet, hat mit einem solch riesigen Ansturm am Wochenende gerechnet. «Die Behörden hätten wissen sollen, dass die Menschen in Scharen kommen, weil auch sonst diverse Veranstaltungen wie Konzerte oder Openairs nicht stattgefunden haben.»

Von Menschen auf der Gasse werden keine Daten erfasst

Das Problem seien nicht die Partys in den Clubs selbst, sondern die Masse, die sich unkontrolliert auf der Gasse trifft. Von denen werden keine Daten erfasst. «Im Selig Club müssen die Gäste einen QR-Code einscannen. Sie gelangen dann auf eine Webseite, auf der sie ihre persönlichen Daten angeben müssen.» Dadurch sind die Gäste mit dem Smartphone und persönlichen Angaben registriert. Auf diese Angaben hat der Club nur in Notfällen Zugriff. «Wer sich weigert, sich zu registrieren, wird nicht in den Club gelassen», sagt der Selig-Chef.

Hat jemand kein Smartphone, werden die Daten manuell eingegeben. «Das braucht natürlich unglaublich viel Zeit und es können sich Schlangen vor dem Club bilden, aber die meisten Club-Besucher haben Verständnis dafür.» Die Datenerfassung werde nur von wenigen kritisiert.

Quelle: tvo

«Es werden vermutlich falsche Adressen angegeben»

Auch vor dem Kugl Club in St.Gallen versammelten sich am Wochenende viele Gäste, die trotz ausverkaufter Party noch ins Lokal wollten. Die Erfassung funktionierte zwar, aber: «Das System muss besser werden», sagt Kugl-Geschäftsführer Daniel Weder. «Wir müssen Unterstützung von den Behörden erhalten.»

Unter anderem seien die Gäste teilweise verunsichert, weil sie nicht wissen, was mit ihren Daten passiert: «Deswegen werden vermutlich teilweise auch falsche E-Mail-Adressen angegeben, aber das können wir nicht kontrollieren. Wir haben keine Zeit und keine Optionen als Club, um das zu tun.»

Wie die Situation in der Stadt St.Gallen verbessert werden könne, darüber diskutiert der Verein Nacht Gallen mit Vertretern aus der Gastro- und Clubbranche am Dienstag. «Wir haben eine Idee eines vereinfachten Systems, das müssen wir aber zuerst mit dem Kanton prüfen.»

BBC und Firehouse verlassen sich auf Ehrlichkeit

Im BBC in Gossau ist die Nachverfolgbarkeit gemäss Rita Bolt, Mediensprecherin des BBC, derzeit kein grosses Problem: «Unser Schutzkonzept funktioniert zu 100 Prozent.» Die Gäste werden beim Eingang doppelt kontrolliert. Sie müssen ihre Adressen und Telefonnummern hinterlassen und Name und Nachname würden anhand der ID kontrolliert. «Mit dem Nachnamen und Namen kann jeder ausfindig gemacht werden.»

Auch im Firehouse in Weinfelden fand vergangenes Wochenende die erste Party nach dem Lockdown statt. «Durch die Aufnahme der Kontaktdaten hat der Einlass länger gedauert», sagt Markus Ritzinger, Geschäftsführer des Firehouse. «Alle haben aber ohne Probleme ihre Daten angegeben. Wir müssen uns darauf verlassen, dass die Besucher Eigenverantwortung übernehmen.» Zu 100 Prozent könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass es in Weinfelden zu einer ähnlichen Situation wie in Zürich kommen kann.

Anzahl Menschen im Churer Welschdörfli wird eingeschränkt

In Chur hat die Stadt mittlerweile Massnahmen ergriffen, damit es im Welschdörfli nicht mehr zu grossen Menschenansammlungen in der Gasse kommt. «Es ist nach Ansicht des Stadtrates unverantwortlich, in der aktuellen Situation untätig zu bleiben», steht in einer Mitteilung. Deshalb dürfen ab kommendem Wochenende die Aussengastwirtschaften auch ausserhalb der Stadt bis 1 Uhr geöffnet haben. Der Zugang zum Welschdörfli soll eingeschränkt werden, sobald sich dort viele Menschen versammeln.

Zusätzlich werden auf freiwilliger Basis Schutzmasken verteilt, welche durch die Stadt Chur zur Verfügung gestellt werden und die Wirte der Welschdörfli-Beizen und deren Security-Personal werden zusätzlich sensibilisiert. «Die Umsetzung sämtlicher Massnahmen obliegt der Polizei.»

veröffentlicht: 29. Juni 2020 17:23
aktualisiert: 29. Juni 2020 19:11
Quelle: FM1Today

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