Quelle: CH Media Video Unit / Melissa Schumacher
Waren Sie auch schon mit diesen Bähnlein unterwegs?
Es ist nicht direkt mein Heimweg aber ich kenne die Strecke. Ich bin schon öfters mit der Bahn im Appenzeller Vorderland unterwegs gewesen.
Sie sind seit Sommer diesen Jahres pensioniert. Damals sagten Sie «Ich freue mich auf diesen neuen Weg». Wie war denn dieser Weg bis jetzt?
Im Moment bin ich ziemlich engagiert. Die ganze Impfaktion im Kanton hat sehr viel Arbeit gemacht. Ich unterstütze das Gesundheitsdepartement bei dieser Arbeit. Das mache ich sehr gerne. Es gehört zu meiner Fachkompetenz.
Wie sieht es privat bei Ihnen aus? Haben Sie jetzt vermehrt Zeit für Hobbys oder ähnliches?
Ich habe mir mal vorgenommen, in der Pension Saxophon spielen zu lernen. Dazu ist es leider noch nicht gekommen. Gestern war tatsächlich das erste Mal, dass ich Saxophon spielte.
Wie verbringen Sie Weihnachten?
Mit der Familie. Wir haben drei Kinder und feiern alle zusammen Heiligabend. Den 25. feiere ich dann mit der erweiterten Familie.
Stichwort Corona: Sie haben teils Massnahmen kritisiert, das Virus aber nie verharmlost. Wie waren die letzten zwei Jahre für Sie?
Sie sagen, ich sei polarisierend. Das wollte ich eigentlich nie sein. Ich denke auch nicht, dass ich es bin, sondern die Medien. Beispielsweise habe ich erst kürzlich ein Interview nachgelesen, in dem mich ein Journalist fragt, ob ich eine Durchseuchung der Gesellschaft befürworte. Ich antwortete mit «Nein, aber man muss darüber nachdenken». Als das Interview dann publiziert wurde, hiess es «Vernazza will Durchseuchung». Das ist ein gutes Beispiel, wie eben polarisiert wird. Das hat mir sehr grosse Mühe gemacht. So wird man instrumentalisiert.
Haben Sie sich von den Medien ungerecht behandelt gefühlt?
Letzten Endes blättert das ab. Ich habe das Gefühl, das, was ich gesagt habe, ist korrekt. Dazu stehe ich. Alles andere ist mir eigentlich egal.
Was macht es mit einem, wenn man den eigenen Namen als Schlagzeile in der Presse sieht?
Wenn jemand in den Medien durch den Dreck gezogen wird, denke ich mir: Das machen die Medien gerne mit Personen. Würde man sein Gegenüber allerdings persönlich kennenlernen, sähe die ganze Sache anders aus. Ich habe meine Freunde und fühle mich eigentlich sehr wohl. Ich kann auch in den Spiegel schauen und sagen, «ich habe etwas Ehrliches gemacht».
Was war das Schlimmste?
Die Sonntagszeitung. Deren Redaktion hat behauptet, ich hätte den Regierungsrat beraten und gesagt, Massnahmen seien nicht nötig. Weiter hiess es, ich sei verantwortlich für tausende Tote. Das ist absolut absurd. Darüber hinaus hat die Sonntagszeitung mir nicht einmal die Möglichkeit gegeben, Stellung zu nehmen. Eine Woche zuvor erschien in der selben Zeitung ein Text über mich, wo es hiess, ich hätte keine Ahnung von zellulärer Immunologie. Daraufhin wollte ich vom Journalisten wissen, woher er das weiss. Ich habe lange darüber geforscht. Ich bin zwar kein Immunologe, aber das war eine absolute Frechheit. Der Text wurde daraufhin zurückgezogen.
Haben Sie sich daraufhin ein bisschen zurückgenommen?
Nein. Ich habe gesagt, dass ich mit der Sonntagszeitung nichts mehr zu tun haben möchte. Beispielsweise habe ich auch gelernt, wie der Tagesanzeiger tickt, da habe ich mich dann ein bisschen zurückgenommen. Ich gebe gerne dem Tagblatt oder auch TVO ein Interview. Mit oben genannter Art von Journalismus möchte ich aber nichts mehr zu tun haben. Zu meiner Genugtuung hat jemand beim Presserat eine Beschwerde eingereicht. Diese ist allerdings noch hängig.
Das wäre für Sie eine Art Genugtuung?
Eine grosse Chance besteht nicht, dass sich der Presserat sich gegen eine grosse Zeitung aussprechen wird. Aber immerhin habe ich gesehen, dass selbst namhafte Journalisten von dieser Art Journalismus nichts halten. Was am Schluss daraus entsteht, ist nicht so wichtig.
Sie unterstützen den Kanton in Sachen Impffragen. Ausserdem sind Sie ein Impf-Befürworter und haben selbst einmal gesagt, die Impfung ist das Beste, das uns passieren konnte. Stehen Sie nach wie vor zu diesem Statement?
Ja. Es ist nach wie vor die beste, präventive Methode. Bei allem anderen muss ich stets ein bisschen lächeln. Es gibt gute Studien, die zeigen, dass man durch die Maskenpflicht vielleicht zehn Prozent verändern kann. Unter dem Strich ist das kein relevanter Beitrag. Die Leute beten die Maske aber geradezu an.
Dann sind Sie gegen eine Maskenpflicht?
Schauen Sie: Alle Leute, die jetzt hier im Zug sitzen oder in der Stadt St.Gallen leben, werden in den nächsten Jahren mit Sars-CoV2 angesteckt. Sie alle werden diese Krankheit durchmachen müssen, geimpft oder ungeimpft. Man kann wählen: Will man die Krankheit mild und geimpft durchmachen oder ungeimpft und schwer. Ich finde, das sollte dem Individuum überlassen sein. Natürlich muss man Massnahmen ergreifen, um eine Überlastung des Gesundheitssystem zu verhindern. Das wird wohl aber nicht passieren. Wir wissen: Jedes neue Virus, das über die Menschheit kommt, verändert sich. Es adaptiert und passt sich dem Menschen an. Das bedeutet auch, dass es in der Entwicklung immer milder wird. Das haben wir aus der Vergangenheit gelernt. Diese Entwicklung haben wir bereits jetzt: Die Fallzahlen sind hoch, die Mortalität aber niedrig.
Wie sehen Sie in die Zukunft?
Ich möchte Omikron als natürliche Impfung bezeichnen. Leute, die sich noch immer nicht haben impfen lassen, werden das wohl über den natürlichen Weg machen müssen. Das wird nicht zu verhindern sein. Aber auch Menschen, die bereits geimpft sind, werden es nochmals durchmachen müssen. Wenn wir wollten, könnten wir uns alle zehn Tage testen lassen und ständig wieder neue positive Tests haben. Die Krankheit wird die gesamte Bevölkerung erfassen. Und was mir ebenfalls aufgefallen ist: Corona verschwindet nicht. Das ist ein Denkfehler in der Bevölkerung. Dieser Quatsch mit Herdenimmunität stimmt schlicht nicht. Dieses Virus bleibt und kommt jeden Winter wieder.
Das Interview führte Vanessa Ledergerber.
Ausschnitte der Sendung siehst du im Video oben, hier gibt es die ganze Folge «Im Zug mit»:
Quelle: tvo
(saz)