«Es gibt es viele Menschen, die arbeiten, aber nicht genügend Geld zum Leben verdienen.» Das wolle wohl niemand, sagt Stadtparlamentarierin Alexandra Akeret. Tieflöhne brächten Einzelpersonen und Familien an den Rand der Existenz. «Sie müssen sich jeden Monat die Frage stellen, wie sie die laufenden Kosten decken können.»
Das Problem betreffe aber nicht nur Einzelpersonen, sondern auch den Staat. Bei zu tiefen Löhnen seien Betroffene auf Unterstützung durch den Staat angewiesen – sei dies durch die Sozialhilfe oder über Ergänzungsleistungen.
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Die Argumente für einen Mindestlohn haben sich seit 2014, als das Stimmvolk eine Einführung auf Bundesebene ablehnte, nicht verändert. Getan hat sich trotzdem etwas. Die Kantone Basel-Stadt, Genf, Tessin, Neuenburg und Jura haben seither einen Mindestlohn eingeführt. Auf städtischer Ebene wurden 2023 in Zürich und Winterthur entsprechende Initiativen angenommen. Nun soll die Stadt St.Gallen folgen, geht es nach dem Willen der SP.
Wie viele Menschen würden profitieren?
Alexandra Akeret will dafür zuerst einmal einige offene Fragen klären und hat dazu eine Anfrage beim Stadtrat eingereicht. Sie will unter anderem wissen, wie viele Personen von einem Mindestlohn von 4000 Franken profitieren würden. Ausserdem fragt sie, ob der Stadtrat mit Blick auf die Tieflohnproblematik Handlungsbedarf sieht.
Für die Stadtparlamentarierin selbst ist aber bereits klar, dass es nicht bei der Einfachen Anfrage bleiben soll. Die Antworten sollen lediglich die Basis für weitere Schritte bilden. «Ich bin überzeugt davon, dass die Antworten des Stadtrats zeigen werden, dass es in St.Gallen einen Mindestlohn braucht», sagt Alexandra Akeret auf Anfrage.
Rechtliche Hürden bei Einführung
Bis zu einer Einführung des Mindestlohns ist der Weg aber noch weit. Dazu bräuchte es wohl eine Initiative und ein Ja der Stimmberechtigten an der Urne. Hürden gibt es allerdings auch auf juristischer Ebene, wie ein Blick über die Kantonsgrenzen zeigt.
In Zürich und Winterthur – Städte, die traditionell linker sind als St.Gallen – wurden entsprechende Initiativen bereits 2023 angenommen, Tatsache ist der Mindestlohn deswegen jedoch noch nicht. In beiden Städten kämpfen Arbeitgeberverbände vor Gericht gegen die Einführung des Mindestlohns. Ein Szenario, das auch in St.Gallen nicht unrealistisch scheint.
«Mit allen Mitteln bekämpfen»
Das bestätigt eine Nachfrage beim Verband Gewerbe Stadt St.Gallen (GSG). Geschäftsführer Felix Keller sagt: "Selbstverständlich würden wir eine Einführung eines städtischen Mindestlohnes mit allen Mittel bekämpfen.» Der GSG lehne die Idee in aller Deutlichkeit ab.
Es gebe keine Anzeichen, dass in der Stadt St.Gallen systematisch zu tiefe Löhne bezahlt würden, sagt Keller. Ein städtischer Mindestlohn sei ein gefährliches Experiment: «St.Gallen würde zu einer «Mindestlohn-Insel» werden.» Die Sorge: Arbeitgeber könnten die höheren Lohnkosten auf die Konsumentinnen und Konsumenten abwälzen und Arbeitsplätze in die Agglomeration verlagert werden.