Den Fahrschulen gehen die Schülerinnen und Schüler aus. Das zeigen Recherchen von FM1Today. Seit Januar 2021 darf man statt mit 18, schon mit 17 Jahren das Autofahren erlernen. Dafür muss man den Lernfahrausweis ein ganzes Jahr lang behalten. Das gilt für alle 17- bis 20-Jährigen.
Und genau das scheint im Kanton St.Gallen zu Problemen zu führen: Im vergangenen Jahr absolvierten fast 3000 Personen weniger die Theorieprüfung als in den beiden vorherigen Jahren und ganze acht Fahrlehrer hätten in den letzten zwei Monaten aufgehört oder sich einen Zusatzjob gesucht.
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Keine Lust aufs «L»
Trotz der Gesetzänderung war 2021 ein Rekordjahr in der Schweiz. Noch nie absolvierten in 12 Monaten so viele Personen die Autoprüfung. Ein Grund dafür war, dass viele dem neuen Gesetz auswichen und die Prüfung noch nach den alten Richtlinien machen wollten, bevor es zu spät war.
Jetzt folge laut mehreren Fahrschulen aber ein grosses Loch. Die Jugendlichen sollen keine Lust haben ein ganzes Jahr den Lernfahrausweis zu behalten, um erst dann die Prüfung zu machen, erzählt ein St.Galler Fahrlehrer, der anonym bleiben will. Viele würden es herausschieben und lieber warten. Die neue Regelung würde die Lernenden dazu auffordern, mehr im Privaten zu üben, was dazu führe, dass sie die Fahrschulen weniger besuchen. Für die Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer im Kanton St.Gallen sei dies ein harter Schlag, vor allem für die Neueinsteiger.
«Ich hatte noch nie so ein schlechtes Jahr»
«Den Grundgedanken finde ich an sich schon gut», sagt Thomas Gossweiler von der Fahrschule Gossweiler. Die Lernenden können viele Erfahrungen sammeln und hätten keinen Stress. Jedoch hätten viele der Fahrschülerinnen und Fahrschüler das Gefühl, dass sie ein Jahr Zeit haben, alles privat zu lernen. Sie würden die Fahrschule nicht regelmässig besuchen und gewöhnen sich falsche Fahrkenntnisse von Verwandten oder Bekannten an. «Ich finde sie haben das Gesetz einfach falsch aufgegleist» sagt Gossweiler.
Er selbst habe Glück, da er momentan noch genug zu tun hätte, aber auch bei seiner Fahrschule seien die Zahlen stark gesunken. Auch er erzählt von Kolleginnen und Kollegen, welche sich einen neuen Job suchen mussten, weil die Arbeit als Fahrlehrer nicht mehr rentiert hätte. «Ich hatte noch nie so ein schlechtes Jahr wie das letzte», sagt Thomas Gossweiler, er könne aber nicht für alle sprechen.
Die grossen bleiben bestehen
«Wir sind schon 30 Jahre dabei», sagt Jolanda Brülisauer von der Fahrschule Bestdrive St.Gallen. Sie hätten zwar auch gemerkt das die Zahlen etwas gesunken sind aber nicht so drastisch, dass es ein Problem wäre. Das neue Gesetz finden sie nicht schlecht, solange die Schülerinnen und Schüler regelmässig in die Fahrschule kommen, was sie ihnen auch ans Herz legen würden. «Wir haben nach wie vor genug Arbeit», sagt die Fahrlehrerin, «aber vielleicht liegt das auch daran, dass wir schon so lange dabei sind. Für neue Fahrschulen ist es bestimmt schwieriger.»
(ebe)