Der tragische Unfall ereignete sich am 9. September 2016 auf der Bahnhofstrasse in Uznach, schreibt das «St.Galler Tagblatt». Der knapp 60-jährige Autolenker erzählte am Kantonsgericht St.Gallen, dass er mit dem Wagen zu einem Lebensmittelgeschäft gefahren sei, um zusammen mit seiner Lebenspartnerin einzukaufen. Auf dem Rückweg sei er auf der Bahnhofstrasse in Uznach mit rund 30 bis 40 km/h gefahren, als es plötzlich wie aus dem Nichts einen «Chlapf» gegeben habe. Weder seine Lebensgefährtin noch er hätten im ersten Moment gewusst, was passiert sei.
Vierjähriger Bub erleidet schwere Verletzungen
Es stellte sich heraus, dass der Wagen des Beschuldigten einen vierjährigen Buben erfasst hatte, der die Strasse überqueren wollte. Das Kind zog sich so schwere Verletzungen zu, dass es drei Tage später starb. Die Untersuchungsbehörden gaben ein verkehrstechnisches Gutachten in Auftrag, welches den Unfallhergang analysieren sollte. Dieses kam zum Schluss, dass die Kollision vermeidbar gewesen wäre, wenn der Autolenker genügend Aufmerksamkeit hätte walten lassen. Im Mai 2019 sprach ihn das Kreisgericht See-Gaster der fahrlässigen Tötung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Franken.
Der tragische Unfall beschäftige ihn noch heute sehr stark, sagte der Beschuldigte an der Berufungsverhandlung am Kantonsbericht St.Gallen. Es tue ihm unendlich leid, dass der Bub ums Leben gekommen sei. Jedoch könne er sich nicht mit dem Vorwurf abfinden, dass er den Unfall hätte vermeiden können. Obwohl das Wetter gut und die Sicht frei gewesen sei, habe er den Buben ganz einfach nicht gesehen.
Sicht durch A-Säule versperrt?
Der Verteidiger stellte ebenfalls in Zweifel, dass sein Mandant das Kind hätte sehen müssen. Er verlangte einen Augenschein vor Ort und ein neues Gutachten, mit dem unter anderem abgeklärt werde, ob die sogenannte A-Säule am Unfallwagen die Sicht versperrt habe. Das Kantonsgericht vertrat jedoch die Meinung, weder ein weiteres Gutachten noch ein Augenschein brächten neue Erkenntnisse.
In seinem Plädoyer erinnerte der Verteidiger daran, dass eine Zeugin ausgesagt hatte, das Kind sei auf einem Spielplatz gewesen und von einer Frau zurechtgewiesen worden. Daraufhin sei es weggerannt. Dieser Beobachtung müsse man entnehmen, dass der Bub von einem Gebüsch hervor direkt auf die Strasse gerannt sei. Mit dem Grundsatz «Im Zweifel für den Angeklagten» müsse man davon ausgehen, dass er sich aus Sicht des Fahrers im toten Winkel bewegt habe. Auch die Beifahrerin habe erklärt, sie habe lediglich einen Schatten wahrgenommen und schon habe es einen Knall gegeben.
Schuldspruch bestätigt, Sanktion reduziert
Die Staatsanwaltschaft beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Berufung. Sie argumentierte, dass das Gutachten festhalte, der tragische Unfall wäre bei genügender Aufmerksamkeit vermeidbar gewesen. Nicht erwiesen sei, ob das Kind tatsächlich gerannt sei. Jedenfalls habe es zuerst das Trottoir und die eine Hälfte der Strasse überquert, bevor es vom Auto erfasst worden sei. In dieser Zeit hätte der Fahrer den Buben sehen müssen.
Das Kantonsgericht St.Gallen gab das Urteil schriftlich bekannt. Wie die Vorinstanz sprach es den Beschuldigten wegen fahrlässiger Tötung schuldig. Jedoch reduzierte es die Höhe der bedingten Geldstrafe auf 90 Tagessätze à 60 Franken.