Quelle: FM1Today
«Noch einmal richtig eskalieren» wollten die Verfasser des Gewaltaufrufs, der abermals auf verschiedenen Plattformen geteilt wurde. Passiert ist am Sonntagabend das Gegenteil. Die Polizei liess keine Menschenansammlungen zu. Sie marschierte mit einem Grossaufgebot auf und kontrollierte sämtliche jungen Leute, denen sie begegnete. Am Hauptbahnhof gab es eine meterlange Schlange von Personen, die auf ihre Kontrolle warten mussten.
Insgesamt wiesen die Ordnungshüter zwischen 18 Uhr und 1 Uhr in der Nacht 500 Personen weg, wie die Stadtpolizei St.Gallen am frühen Montagmorgen mitteilte. 60 Personen wurden vorläufig festgenommen, um mögliche Straftatbestände zu klären. 25 davon, weil sie Wegweisungen missachtet haben.
Polizei findet Brennsprit, Pyros und «Vermummungsmaterial»
Eine Personengruppe, welche kontrolliert wurde, hatte laut der Stadtpolizei 2,5 Liter Brennsprit und kleine, leere Flaschen dabei, die zum Bau von Molotow-Cocktails hätten verwendet werden können. Ferner stellte die Polizei diverse Pyros, «Vermummungsmaterial» und ein Messer sicher.
Mit den Kontrollen konnte Sachschaden «weitestgehend verhindert» werden, schreibt die Polizei.
Schule ja, Rumhängen nein
«Wer nicht klar sagen konnte, was er in St.Gallen wollte, bekam eine Wegweisung», sagt Klaus-Dieter Mennel, Mediensprecher der Stadtpolizei St.Gallen. Begründet wurden die Wegweisungen gegenüber den betroffenen Personen wie folgt: «Anlässlich der Ostern 2021 wurde zu Gewaltakten in der Stadt St.Gallen aufgerufen. Die genannte Person steht im Verdacht, sich an solchen Vorkommnissen aktiv oder passiv (Gafferei) beteiligen zu wollen bzw. beteiligt zu haben.»
Den Weggewiesenen ist es während 30 Tagen nicht gestattet, sich im öffentlichen Raum in der Stadt und in den Drei Weieren aufzuhalten, also zum Beispiel auf einer Parkbank zu sitzen. Zur Schule oder Arbeit dürfen sie weiterhin gehen.
«Es gibt eine saftige Busse»
Eine der Betroffenen ist Jenny aus Lichtensteig: «Shoppen darf ich weiterhin, aber wenn wir am Abend zum Beispiel beim Trinken auf dem Roten Platz erwischt werden, gibt es eine saftige Busse, hat man uns gesagt.»
Quelle: FM1Today
Einige junge Leute werfen der Polizei vor, willkürliche Wegweisungen erhalten zu haben. «Ich bin auf Durchreise. Ich komme von einer Kollegin in Uznach und wollte nach Hause nach Trogen», enerviert sich Gian. «Weil ich ein Abo habe, konnte ich das nicht beweisen und wurde weggewiesen.»
Polizei rechtfertigt sich
Die Stadtpolizei begründet ihr rigoroses Vorgehen unter anderem damit, dass sie die Kontrollen angekündigt hatte. «Wir wollten weder Krawallmacher noch Schaulustige in St.Gallen. Entsprechend haben wir das durchgezogen», sagt Mediensprecher Klaus-Dieter Mennel.
«Dem Stadtrat und der Stadtpolizei St.Gallen ist bewusst, dass die vielen Wegweisungen auch Fragen aufwerfen», heisst es in der Mitteilung. Nach dem wiederholten Gewaltaufruf «wurden die Wegweisungen in dieser ausserordentlichen Situation als verhältnismässig erachtet».
«Polizisten in Vollmontur kesselten uns ein»
Kontrollen gab es nicht nur am Hauptbahnhof. Die Polizei markierte in der ganzen Stadt massiv Präsenz. Der Rote Platz war quasi abgeriegelt und entsprechend menschenleer. Wenn es irgendwo zu kleineren Menschenansammlungen kam, schritt die Polizei vehement ein. Beim Blumenmarkt standen laut Augenzeugen rund 20 Leute. «Polizisten in Vollmontur kesselten uns ein, um uns kontrollieren zu können», sagt einer der vor Ort war zu FM1Today. Auch er kassierte eine Wegweisung.
Eine Festnahme am Hauptbahnhof
Wie viele Polizistinnen und Polizisten am Sonntagabend im Einsatz waren, gibt die Stadtpolizei aus taktischen Gründen nicht bekannt. Nur so viel: Sie wurde abermals von anderen Korps unterstützt. Auch der Polizei-Helikopter war wieder im Einsatz. «Um mögliche Menschenansammlungen ausfindig zu machen», erklärt Mennel.
Polizei wollte keinen dritten Krawallabend
Vorausgegangen waren den starken Kontrollen zwei Krawallabende und ein erneuter Gewaltaufruf. Am Freitagabend war es in St.Gallen zum zweiten Mal innert Wochenfrist zu Ausschreitungen von vorwiegend jungen Personen gekommen. Rund 50 Chaoten griffen die Einsatzkräfte mit Flaschen, Knallkörpern und einem Molotowcocktail an. Umgeben von dutzenden Schaulustigen. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Gummischrot und Reizgas.
Bis am Samstagmittag gingen bei der Polizei sieben Anzeigen wegen Sachbeschädigungen im Umfang von total rund 50'000 Franken ein.
Machtdemonstration der Polizei
In der Folge verbreitete sich ein weiterer Gewaltaufruf für Sonntagabend über diverse Plattformen. «Wir wollen unsere Freiheit», hiess es in dem Aufruf. Bekommen haben die jungen Leute eine massive Machtdemonstration der Polizei.