Die autofreien Sonntage spalten die Massen. Dies zeigt ein Blick auf Social Media und die Kommentarspalten zur Anfrage zweier St.Galler Stadtparlamentarierinnen. Während die einen die Idee toll finden und einen Nutzen darin sehen, fühlen sich die anderen bevormundet und reden von reiner Symbolik.
Doch haben solche einzelnen autofreien Tage überhaupt einen ökologischen Nutzen? Sind sie reine Symbolik oder können sie Veränderungen bewirken? Wir haben mit Mobilitätsexperten über Vor- und Nachteile gesprochen.
Direkter ökologischer Nutzen klein
Zum Anfang gleich dies: Autofreie Sonntage in der Stadt St.Gallen hätten auf die Emissionen nur eine minimale Auswirkung, wie Gunnar Heipp, Leiter des Instituts für Raumentwicklung der Ostschweizer Fachhochschule, gegenüber FM1Today erklärt. Dies bezieht sich aber nur auf die Massnahme selbst.
Auch Philipp Scharfenberger, Vizedirektor des Instituts für Mobilität der Universität St.Gallen, steht den autofreien Sonntagen kritisch gegenüber. Es sei nur eine punktuelle, losgelöste Massnahme, die im Vergleich zum Nutzen hohe Kosten und Aufwand verursache. Das Mobilitätsverhalten müsse aber nachhaltig verändert werden, und nicht nur an einzelnen Tagen.
Zudem stört Scharfenberger das momentan betriebene «Auto-Bashing»: «Das Auto ist grundsätzlich nichts Schlechtes und hat seine Berechtigung. Es muss aber sinnvoll eingesetzt werden.»
Ist es also reine Symbolpolitik? Nicht ganz
Laut Heipp komme es auf den Blickwinkel an. Denn die autofreien Tage könnten zu einer Verhaltensänderung in der Bevölkerung führen und würden zahlreiche Chancen bei der veränderten Nutzung des öffentlichen Raumes bieten. Dem pflichtet auch Philipp Scharfenberger bei. «Solche Massnahmen schaffen Anreize zum Umdenken», erklärt Scharfenberger. Diese brauche es, um das Verhalten nachhaltig zu verändern. Dies würden mehrere Studien belegen. Ein einfaches Beispiel: Wenn jemand anstatt des Autos das Fahrrad nehmen muss, und merkt, dass es Vorteile hat, wird er dies künftig eher nochmals machen.
Scharfenberger betont im Gespräch, dass es auf die Kommunikation der Massnahme ankomme. Mit den autofreien Sonntagen würden viele vor den Kopf gestossen. «Man zwingt eigentlich einen Teil der Bevölkerung, ihr Mobilitätsverhalten für diese Tage schlagartig zu ändern.» Zudem werde die Massnahme oft als Verzicht oder gar als Verbot wahrgenommen. Dies stört den Mobilitätsexperten. «Wir sollten das Potenzial einer zukünftigen Mobilität hervorheben und die Neugierde dafür wecken», sagt er und fügt an: «Man muss die Alternative schmackhaft machen.» Der Spiess könne ganz einfach umgedreht werden: Statt an ausgewählten Tagen das Auto zu verbieten, könnte an diesen Tagen ja auch der Zugang zum öffentlichen Verkehr sowie zu Sharing-Angeboten vereinfacht oder vergünstigt werden.
Die Experten sind sich beim Fazit einig: Die autofreien Sonntage allein sind keine Lösung für das Klimaproblem. Die Debatte darüber kann aber helfen, unser Mobilitätsverhalten nachhaltig zu verändern.