Quelle: tvo
Ein Bauernpaar wurde angezeigt, weil es trotz Corona-Infektion seine Tiere selbst versorgt hatte. Darüber berichtete im Dezember die «Bauern Zeitung». Das Paar aus dem Kanton Bern bewirtschaftet einen Milchbetrieb ohne Angestellte. Als es positiv auf das Coronavirus getestet wurde, arbeitete es weiter im Wissen, dass es unmöglich sein dürfte, eine Aushilfe zu finden. In Absprache mit dem Käsereibetrieb brachte die Bäuerin täglich die Milch in die Käserei. Dabei blieb die Frau jeweils im geschlossenen Fahrzeug sitzen und der Käser pumpte die Milch ab.
Ansonsten verbrachten die beiden die Isolation im Stall und im Haus. Doch noch vor Ablauf der Quarantäne wurde gegen das Paar Anklage wegen Verstosses gegen die geltenden Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erhoben. Kläger ist eine Privatperson.
Vage Antworten von den Behörden
Die beiden hätten die Zeit nicht im Haus, sondern auf dem Traktor verbracht, lautete sein Vorwurf. Auf Anfrage bei den Behörden erhielt der Bauer nur vage Antworten – mehr Empfehlungen als klare Weisungen. Vom Kanton Bern hiess es, dass dem Bauernpaar bei Verstoss gegen eine angeordnete Isolation eine Busse von bis zu 5000 Franken drohe. Ob die beiden nun eine Busse zahlen müssen, ist noch unklar.
St.Galler Bauernverband kennt keine ähnlichen Fälle
In der Ostschweiz beim St.Galler Bauernverband gab es bisher keine ähnliche Fälle, aber viele Bauern oder Bäuerinnen, die wegen Unklarheiten den Verband kontaktierten. «Es gab Fälle, in denen beispielsweise ein naher Angehöriger positiv getestet wurde und wir gefragt wurden, ob der Bauer dennoch arbeiten könne», sagt Andreas Widmer, Geschäftsführer des St.Galler Bauernverbandes gegenüber FM1Today.
Märkte sind bei Corona-Erkrankung Tabu
Für Andreas Widmer ist klar: Die Versorgung der Tiere kann nicht unterbrochen werden – auch nicht aufgrund einer Corona-Infektion. «Wir raten den Bauern jeweils, ihren Kontakt mit Personen einzuschränken und den landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu verlassen, um Produkte zu verkaufen.» So sei es beispielsweise nicht erlaubt, an Märkte zu gehen. «Im Stall mit den Tieren sehen wir aber kein Problem.»
Gemäss Bundesamt für Landwirtschaft sollen Personen mit positivem Testresultat oder Corona-Symptome zu Hause bleiben. Die Nutztiere sollen, wenn möglich, durch eine andere Person betreut oder der Kontakt auf ein Minimum beschränkt werden. «Die Versorgung der Tiere muss gewährleistet sein», heisst es.
«Wie soll das funktionieren?»
Dass sich eine andere Person um die Tiere kümmert, sei sehr schwierig umzusetzen, sagt Andreas Widmer: «Wie soll das funktionieren? Wer schaut dann diesen Tieren? Es kann nicht einfach irgendjemand von irgendwo her kommen und sich um die Tiere kümmern. Die Übergabe funktioniert nicht. Jedes Tier ist anders und hat seine individuellen Eigenschaften.» Wichtig sei, dass der Kontakt zu Menschen abgebrochen werde, nicht aber derjenige zu den Tieren.
Polizeieinsätze bei Christbaumverkauf
Bis jetzt habe es in der Region St.Gallen noch nicht viele Coronafälle unter den Landwirten gegeben. Ein grösseres Problem würden aktuell Hofverkäufe darstellen. «Hofläden müssen sich an Schutzkonzepte halten und da waren Betriebe teilweise überfordert.» Vor Weihnachten sei der Christbaumkauf zum Problem geworden: «Der Ansturm auf die Landwirtschaftsbetriebe war gross und es versammelten sich teilweise sehr viele Leute auf den Höfen. Einige Bauern waren sich nicht bewusst, dass es für den Christbaumverkauf ein Schutzkonzept gebraucht hätte.» Dies habe vereinzelt zu Polizeieinsätzen geführt.
Grosse Einbussen durch den Ausfall der Restaurantverkäufe haben die Bauern derzeit übrigens nicht. «Alles in allem hat die Schweizer Bevölkerung sehr viel konsumiert und die Lebensmittelumsätze haben zugenommen. Auch in der Landwirtschaft hielten sich Nachfrage und Angebot die Stange.»
(abl)