«Die Wahlen 2019 waren Klimawahlen», sagt Franziska Ryser. Die Grünen-Politikerin wurde am Sonntag für den Kanton St.Gallen in den Nationalrat gewählt. «Wir hatten zwar damit gerechnet, unseren verlorenen Sitz nach vier Jahren zurückzuerobern, dass das Resultat aber so toll ausfällt, ist einfach nur überwältigend», sagt die 27-Jährige. Sie wolle ihre Wahlversprechen einhalten - und sich fürs Klima und die Gleichberechtigung einsetzen.
Gleichberechtigung herrscht seit Sonntag - zumindest fast - unter den zwölf St.Gallerinnen und St.Gallern im Nationalrat. Neu sitzen fünf Frauen aus dem Kanton St.Gallen in der grossen Kammer, zuvor waren es lediglich drei. Das freut Susanne Vincenz-Stauffacher, die im Mai 2019 die Ersatzwahl für Bundesrätin Karin Keller-Sutters Ständeratssitz verloren hatte und nun für die FDP in den Nationalrat gewählt wurde. «Es ist mir sehr wichtig, dass das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ausgeglichen ist. Das entscheidet nicht alles, aber die Bevölkerung ist jetzt gut abgebildet.»
Die härteste Viertelstunde
Die letzte Viertelstunde vor der Verkündung des Schlussergebnisses seien die härtesten ihres zehnmonatigen Wahlkampf gewesen, sagt die 52-jährige Abtwilerin. «Auf den letzten Metern wussten wir nicht, ob wir den zweiten Sitz halten können.»
Müller hört komplett auf
Während die FDP ihre beiden Sitze verteidigen konnte, verlieren die SVP und die CVP je ein Mandat. Der abtretende Rorschacher Stadtpräsident und bisherige SVP-Nationalrat Thomas Müller musste am Sonntag auch eine persönliche Niederlage einstecken: Der 66-Jährige schaffte die Wiederwahl nicht und will seine politische Karriere nun komplett an den Nagel hängen. Die Zeit sei reif für die nächste Generation. «Es ist ein neuer Lebensabschnitt, der nun anfängt.» CVP-Nationalratskollege und Olma-Direktor Nicolo Paganini wurde wiedergewählt. «Dass wir einen Sitz verlieren, trübt das Ganze», sagt der 53-Jährige.
«Klimabewegung wird abgelöst»
Gegenüber FM1Today sagt Thomas Müller, er glaube, dass es sich bei der Klimabewegung und beim Grünen- und Grünliberalen-Trend um eine Bewegung handle, die in vier oder acht Jahren von einer anderen abgelöst werde.
Beni Würth fehlen nur 500 Stimmen
Bei den Ständeratswahlen verpasste der Bisherige Beni Würth (CVP, 70'594 Stimmen) hauchdünn eine Wahl im ersten Wahlgang. Zum absoluten Mehr (71’095) fehlten ihm nur 501 Stimmen. Auch der andere Bisherige Paul Rechsteiner (SP, 64'077 Stimmen) verpasste die Wahl. Es kommt am 17. November zu einem zweiten Wahlgang. «Wir haben immer gewusst, dass es einen zweiten Wahlgang geben wird, das ist im Kanton St.Gallen seit Anfang der 90er so», kommentiert Rechsteiner, der seit über drei Jahrzehnten im Bundesparlament politisiert. Am Ende zähle, wer gewählt werde. Der St.Galler Regierungsrat Würth ist optimistisch: «Ich bin überhaupt nicht enttäuscht. Das gute Ergebnis nehme ich gerne mit in den zweiten Wahlgang.»
Die weiteren Ständeratskandidaten waren deutlich abgeschlagen. Insbesondere Roland Rino Büchel (SVP, 45'941) und Marcel Dobler (FDP, 30'755) dürften sich mehr erhofft haben. Mit Blick auf den zweiten Wahlgang wird es spannend, ob sich SVP und FDP allenfalls auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können.