Quelle: FM1Today
«Kennst du das, wenn du eine Idee hast, und sie dich einfach nicht loslässt, bis du sie umsetzt?» Diesen Satz hören wir mehrere Male, als wir Grace Schatz in ihrem Hofladen mitten in der Stadt St.Gallen besuchen. Die Liechtensteinerin hat im November den Laden Regio Herz eröffnet, der Produkte von regionalen Klein- und Kleinstbauern verkauft. Ein lauschiger Hofladen, direkt an der lärmigen St.Galler Bahnhofstrasse. Die Produkteauswahl ist gross: Von Teigwaren aus Wachteleiern über frisches Gemüse bis hin zu Käse, Wein und Non-Food-Artikeln. Bei Regio Herz finde man alle Produkte, die Bauern ansonsten direkt ab Hof verkaufen, erklärt Schatz. Doch dann kam Corona, und für diese Bauern änderte sich alles.
«Sie haben von Anfang an am meisten gelitten, ihnen brachen praktisch alle Einnahmen weg», sagt Schatz. Die Märkte fanden nicht statt und Hotels kauften den Bauern keine Lebensmittel mehr ab, weil die Gäste ausblieben. Die Betriebe brauchten eine Plattform, um ihre Produkte unter die Leute zu bringen. Grace Schatz, die Kantonsschullehrerin aus dem Fürstentum, wollte helfen, fasste sich ein Herz und stürzte sich im Sommer 2020 ins Ungewisse. Der Wille, den Kleinbauern in der Krise zu helfen, trieb sie an.
Viel Kreativität auf wenigen Quadratmetern
Schatz tat das, was sie ihren Schülerinnen und Schülern an der Kantonsschule stetig predigte: Sie machte einfach. «Ansonsten wird man alt und denkt sich: Warum habe ich es nicht versucht?» Sie liess sich von ihrem Arbeitgeber in den unbezahlten Urlaub schicken und stellte mitten in der Coronakrise in einer One-Woman-Show ein ganzes Ladenkonzept auf die Beine. Kleinbauern und Hofbetriebe aus der Region können ein Regal mieten und ihre Produkte für eine tiefe Marge verkaufen. Rund 140 Händlerinnen und Händler vermarkten bei Schatz zurzeit ihre Hofprodukte. Die Krise hat die Bauern kreativ gemacht. Granola gegen Foodwaste aus Äpfeln, die es nicht ins Obstregal schaffen. Eierlikör und Meringues aus Wachteleiern. «Bei mir ist alles aus der Region – und wenn ich so die Umwelt schützen und die Bauern unterstützen kann, macht mich das glücklich», sagt Schatz.
«Bei der ersten Gutschrift flossen die Tränen»
Rund einen Monat nach Ladeneröffnung zahlte Schatz die erste Gutschrift an die Bauern. «Wir haben sie extra am 24. Dezember ausgestellt, als Weihnachtsgeschenk», sagt Schatz, die Reaktionen seien überwältigend gewesen. «Da flossen die Tränen, viele Bauern waren unglaublich froh, endlich wieder ein paar wenige Franken mit ihren Produkten verdienen zu können», sagt Schatz zwischen Wachteleiern und Thurgauer Apfelsaft.
Positive Resonanz von Kunden
Der November 2020 war vermutlich nicht der beste Zeitpunkt, einen neuen Laden zu eröffnen. «Wir haben vor allem den Januar und den Februar gespürt», so Schatz. Der Shutdown, der Rekordschnee. Trotzdem scheint ihr Konzept zu funktionieren: «Mittlerweile habe ich sogar drei Angestellte.» Und sowohl von Kundinnen und Kunden, als auch von den Landwirtschaftsbetrieben, erhält sie positive Resonanz.
Schatz scheint noch keinen grossen Ausblick auf die nächsten Jahre werfen zu wollen. Zu schwierig, in Coronazeiten. Ob das Konzept funktioniert, werden die nächsten Jahre zeigen. Doch eines ist klar: Grace ist ein Segen für die regionalen Hofbetriebe und ein Schatz für die umweltbewussten St.Gallerinnen und St.Galler.