Die Wahl der Bernerin, die Politikwissenschaft, Staatsrecht und Volkswirtschaft studiert hatte, zur Generalsekretärin des kantonalen Bildungsdepartements sorgte 2008 im Kanton St.Gallen für Nebengeräusche. Esther Friedli war seinerzeit Mitglied der CVP. Ihr Lebenspartner ist Toni Brunner, alt St.Galler Nationalrat und ehemals Präsident der SVP Schweiz. Sechs Jahre arbeitete sie an der Seite von Stefan Kölliker, dem ersten St.Galler SVP-Regierungsrat.
Elf Jahre später führt ihr Weg zurück nach Bern. Neben den Bisherigen Lukas Reimann, Mike Egger und Roland Rino Büchel wird Esther Friedli neu die SVP des Kantons St.Gallen im Nationalrat vertreten. «Esther Friedli macht als Parteisekretärin einen super Job», sagte Walter Gartmann, Parteipräsident der SVP des Kantons St. Gallen, am Montag auf Anfrage von Keystone-SDA.
«Brunner-Effekt»
Die Liaison mit Toni Brunner habe ihr sicher auch geholfen. «Toni Brunner und Esther Friedli sind eine bekannte Marke in der Schweiz», so Gartmann. Immer wieder sei positiv über die beiden in dem Medien berichtet worden. Ausserdem habe Friedli das Beziehungsnetz ihres Partners nutzen können.
Toni Brunner wurde im Wahlzentrum nicht gesichtet. «Er musste im Restaurant wirten», sagte Gartmann, dem nach der Niederlage vom Sonntag nicht zum Feiern zumute war. Die SVP verlor im Kanton St.Gallen einen ihrer fünf Sitze.
Das Paar führt seit zwei Jahren an seinem Wohnort in Ebnat-Kappel gemeinsam den Landgasthof «Haus der Freiheit». «Toni gehört seit über 20 Jahren zu meinen grössten Unterstützern», sagte Esther Friedli, die auch das Gastwirtschaftspatent besitzt. Die neu gewählte Nationalrätin bedauert den Sitzverlust der SVP und dass mit Thomas Müller und Barbara Keller-Inhelder zwei Bisherige «über die Klinge springen mussten».
Berater in eigener Sache
Die Leitung des kantonalen Wahlstabs gab Toni Brunner noch am Sonntagabend ab, obwohl die SVP am 17. November allenfalls beim zweiten Wahlgang um die beiden St.Galler Ständeratssitze nochmals antritt. Brunner hat keine guten Erinnerungen an seine eigenen Ständeratskandidaturen. Zweimal scheiterte «das beste Pferd im Stall», 2011 in der Stichwahl mit 1300 Stimmen Rückstand auf SP-Kandidat Paul Rechsteiner.
Diese Schmach gab dem Bauern aus dem Toggenburg zu denken. Mit Esther Friedli gründete er 2015 eine Beratungsfirma. Die PR- und Politikberaterin führte vom heimischen Hof aus etwa den Wahlkampf von «Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel. Erfolgreich – Köppel wurde 2015 mit einem Glanzresultat in den Nationalrat gewählt.
Friedli leitete ein Jahr später auch den Wahlkampf von SVP-Kantonsrat Herbert Huser, der es im ersten Wahlgang bei den St.Galler Regierungsratswahlen nur auf den vierten und letzten Platz der offiziellen Kandidaten geschafft hatte.
2016 sollte Esther Friedli für die SVP doch noch einen zweiten Sitz in der St.Galler Regierung erobern. Kantonsrat Marc Mächler von der FDP überflügelte im zweiten Wahlgang die Konkurrentin deutlich.
Im gleichen Jahr kämpfte sie in einem überparteilichen Komitee gegen den Kredit von 5 Millionen Franken für eine Machbarkeitsstudie zur Expo2027. Es dürften keine Steuergelder für einen Vergnügungspark ohne jegliche Nachhaltigkeit ausgegeben werden, argumentierte Friedli.
Die Ostschweiz musste ihre Träume von einer eigenen Landesausstellung dann auch begraben: Sowohl die Thurgauer als auch die St.Galler Stimmberechtigten lehnten die Planungskredite für die Expo2027 ab.
Bure-Zmorge statt Klimaproteste
Gestern Sonntag konnte Esther Friedli wieder jubeln. «Ich war in den vergangenen drei Jahren im Kanton mit einem klaren Profil präsent», sagte die 42-Jährige. Sie kandidiere für die SVP, weil sie sich für eine freie und selbstbestimmte Schweiz einsetze. Der Staat dürfe nicht immer mehr wachsen und solle nicht alles regeln. Sie halte die Klimaproteste für gesteuert, vermutlich von Umweltorganisationen, wird sie in einem Porträt der Onlinezeitschrift Republik.ch zitiert.
Eine Kandidatur für die kommenden Regierungsratswahlen sei mit ihrer Wahl in den Nationalrat vom Tisch. Die erste Niederlage ging wohl nicht spurlos an ihr vorüber. Auf ihrer Agenda herrschte zwischen dem Wahltag im April 2016 und März 2019 Funkstille. Bei ihrer Nationalrats-Kandidatur war sie dafür umso aktiver: Kein SVP-Grillhöck, kein Bure-Zmorge und keine Chilbi ohne Esther Friedli.