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Gebrochenes Bein in der 4. Liga: Gefoulter Stürmer des FC Henau blitzt vor Bundesgericht ab

FC Wil - FC Henau

Gefoulter 4.Liga-Stürmer blitzt vor Bundesgericht ab

· Online seit 30.01.2020, 12:25 Uhr
Ein Foulspiel im 4.-Liga-Spiel zwischen dem FC Wil und dem FC Henau hat ein langes juristisches Nachspiel verursacht. Das Bundesgericht hat den Goalie des FC Wil, der mit seinem Foul einen Schienbeinkopfbruch beim Gegner verursacht hatte, nun freigesprochen.
Luca Ghiselli
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Kontaktsport kann gefährlich sein. Das Risiko schwingt bei jedem Tackling, jedem Zweikampf und Kopfballduell mit. Aber wo liegt die Grenze zwischen fahrlässiger Körperverletzung und unglücklichem Zusammenprall? Damit beschäftigen sich die Gerichte auch in der Schweiz schon länger.

Ein Ostschweizer Fall, in dem genau diese Frage im Zentrum steht, sorgt seit Jahren für Schlagzeilen. Mit dem Bundesgerichtsurteil, das am Mittwoch publiziert wurde, ist der Fall nach knapp drei Jahren abgeschlossen.

Goalie war erstinstanzlich verurteilt worden

Was war passiert? Ein Spieler des FC Henau stürmte in einem 4.-Liga-Match gegen den FC Wil auf das gegnerische Tor zu. Der Wiler Goalie eilte aus dem Tor und setzte zum Tackling an. Beim Zusammenprall zog sich der Stürmer einen Bruch des Schienbeinkopfes zu. Der Goalie wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt – und vom Einzelrichter des Kreisgerichts Wil im Oktober 2017 schuldig gesprochen. Das Urteil: Eine bedingte Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 30 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren. Hinzu kamen über 6000 Franken Schadenersatz, die der Goalie hätte berappen sollen. 

Dagegen wehrte sich der erstinstanzlich Verurteilte aber und zog das Verdikt an das St.Galler Kantonsgericht weiter. Dieses sprach den Wiler Goalie vom Vorwurf frei und wies auch die Zivilklage ab. Das Kantonsgericht kam zum Schluss, dass es unklar sei, ob der Goalie mit seinen Füssen die Verletzung des Stürmers verursacht habe – oder er sich den Bruch erst beim Sturz zuzog.

Freispruch am Kantonsgericht

Der Ablauf der Kollision könne zwar aufgrund der fehlenden Videoaufnahmen und den sich widersprechenden Aussagen beziehungsweise der fehlenden Erinnerung der Beteiligten nicht eindeutig rekonstruiert werden. Jedoch stimme die Darstellung des Beschwerdeführers in wesentlichen Bereichen nicht mit der Wahrnehmung der übrigen Beteiligten überein, argumentierte das Kantonsgericht.

In die Erwägungen des Gerichts floss ein, dass weder der Schiedsrichter (er zeigte lediglich die gelbe Karte) noch die beiden Trainer oder der Verfasser des Matchberichts (die Rede war lediglich von einem «unglücklichen Zusammenstoss») ein besonders schweres Foul feststellten. Mit dem Urteil des St.Galler Kantonsgerichts war wiederum der gefoulte Stürmer nicht zufrieden. Er legte beim Bundesgericht Beschwerde gegen das Urteil ein.

«Vorfall ist zum sportartspezifischen Risiko zu zählen»

Dieses stützt nun den Freispruch, den das Kantonsgericht im Juni 2019 fällte. Im Urteil heisst es abschliessend: «Ein gegen den Beschwerdeführer gerichtetes, gewolltes, unfaires oder gefährliches Fehlverhalten konnte nicht festgestellt werden. Der Vorfall ist noch zum sportartspezifischen Risiko zu zählen.» Und: «Der Freispruch des Beschwerdegegners vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung ist bundesrechtskonform.»

Da es beim vorinstanzlichen Freispruch bleibt, seien auch die Anträge hinsichtlich der Gutheissung der Zivilklage und der Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen abzuweisen, kommt das Bundesgericht zum Schluss.

veröffentlicht: 30. Januar 2020 12:25
aktualisiert: 30. Januar 2020 12:25
Quelle: FM1Today

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