Lippenlesen ist für Hörbehinderte in Zeiten von Schutzmasken fast unmöglich. Aus diesem Grund hat der Schweizerische Hörbehindertenverband Sonos zusammen mit der Flawa Consumer eine medizinische Schutzmaske mit einem transparenten Sichtfenster entwickelt, wie FM1Today berichtete.
«Übertrieben und nicht ideal»
In die Entwicklung der Maske waren Menschen mit einer Hörbehinderung involviert. Dass das Produkt aber wirklich deren Bedürfnissen entspricht, daran zweifelt Roland Schneider, Präsident des Gehörlosen Clubs St.Gallen, der selbst hörbehindert ist. «Ich persönlich finde die Masken übertrieben und überhaupt nicht ideal», sagt er.
Lippenlesen weiter mühsam
Roland Schneider glaubt, dass das Sichtfenster der Maske sowohl spiegelt als auch anläuft. Hinzu käme, dass jede und jeder eine andere Lippenform habe. «So bleibt das Lippenlesen auch mit dem Sichtfenster mühsam. Da kann man auch einfach eine normale Maske tragen.»
Kommunikation mit Mimik und Gestik
Viel wichtiger sei es, dass Hörende lernen, wie sie mit Gehörlosen umgehen müssen. «Sie sollen versuchen, mit Mimik und Gestik zu kommunizieren», sagt Schneider. «Diese Kommunikation ist auch mit Hygienemaske möglich.» Falls nicht, könne man die Maske mit genügend Abstand ja kurz runterziehen. «Wenn es dann noch immer nicht klappt, gibt es ja auch Papier oder Handys, wo man etwas aufschreiben kann.»
Sonos kann Kritik nicht verstehen
Der Schweizerische Hörbehindertenverband Sonos kann die Kritik an der Maske mit transparetem Sichtfenster nicht nachvollziehen. «Wir haben bisher nur positive Rückmeldungen bekommen», heisst es auf Anfrage. «Die Masken sind auch für Orte gedacht, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann. Zum Beispiel in Schulen oder im Spital.»
Die Flawa Consumer GmbH produziert aktuell rund 30'000 transparente Masken pro Woche. Die Kapazität soll aber in Kürze erhöht werden, so dass pro Woche 100'000 produziert werden können. Der Preis für eine Schachtel mit 25 transparenten Masken beträgt 39.90 Franken – sprich knapp 1.60 Franken pro Maske.