Das Einjährige Berufkraut sieht eigentlich schön aus und gleicht auf den ersten Blick der heimischen Kamille. Mit einer Höhe von 30 bis 100 Zentimetern und den Blüten, bestehend aus einem gelben Kern und weissen Blättern, erinnert das Gewächs auch an ein überdimensionales Gänseblümchen und verleiht damit den hiesigen Wiesen, Böschungen und Wegrändern Farbe.
Aus Nordamerika eingeschleppt
Doch der Schein trügt. Bei aller Schönheit ist das Kraut nämlich Gift für einheimische Pflanzenarten, welche es durch seine rasante Ausbreitung verdrängt. Um die Biodiversität und die Artenvielfalt nicht noch mehr zu gefährden, sagen verschiedene Ostschweizer Gemeinden dem Neophyten den Kampf an. Nicht nur die Landwirte, insbesondere auch Privatpersonen sollen bei der Bekämpfung der invasiven Pflanze mithelfen, so die Aufforderung in den Mitteilungsblättern von beispielsweise Waldkirch oder Jonschwil. Wer die Pflanze im Garten stehen hat, soll kurzen Prozess machen und sie ausreissen.
Nicht nur die Optik der Pflanze ist eine Mogelpackung: Auch der Name ist irreführend. Die Pflanze spriesst nämlich nicht nur in einem Jahr, sondern in zwei oder gar mehreren. Wird sie also nicht direkt ausgerissen, kann sie Jahr für Jahr weitere Samen produzieren. Schuld an der Problematik sind wir selbst: Das Einjährige Berufkraut wurde im 18. Jahrhundert als Zierpflanze aus Nordamerika importiert und ist anschliessend verwildert.
Eindringliche Botschaft an die Bevölkerung
Der Appell der Gemeinden an die Bevölkerung ist deutlich: «Alle in der Region müssen bei der Bekämpfung mitmachen!» Die Eindringlichkeit der Botschaft ist der schnellen Ausbreitung des Gewächses geschuldet. Eine einzige Pflanze produziert bis zu hunderttausend Samen, welche durch den Wind in alle Himmelsrichtungen verteilt werden. Dadurch kann sie in kurzer Zeit ganze Wiesen befallen.
Angestossen wurde die Kampagne gegen den Eindringling vom Landwirtschaftlichen Zentrum St.Gallen. Insbesondere die Bauern haben mit dem Kraut zu kämpfen. Können sie aufgrund des Befalls einen bestimmten Anteil an einheimischen Pflanzen auf ihren Wiesen nicht mehr gewährleisten, droht ihnen gar die Kürzung von Direktzahlungen.
Gemäss Franziska Perl vom St.Galler Amt für Natur, Jagd und Fischerei hat sich die Situation besonders in den vergangenen Jahren verschlimmert: «Da wir einige heisse Sommer hatten, hat sich das trockenheitstolerante Einjährige Berufkraut explosionsartig vermehrt.» Problematisch sei, dass nicht alle Akteure vom invasiven Charakter der Pflanze wussten. «Mit der aktuellen Kampagne wollen wir Unterhaltsverantwortliche, Landwirte und Privatpersonen sensibilisieren und sicherstellen, dass alle wissen, worum es sich bei der Pflanze handelt.»
Gemäss Perl sind besonders das Linthgebiet und das Rheintal vom Befall mit dem Kraut betroffen.
Kühe haben auch keine Freude am Kraut
Nicht nur die Menschen, auch Kühe können mit der Pflanze wenig anfangen. Das Kraut ist zwar nicht giftig, doch als Nahrung taugt es auch nicht – die Kühe verschmähen es. Dadurch bleibt die Pflanze oft unbescholten stehen, kann in Ruhe weiter Samen produzieren und Weideflächen befallen.