Ostschweiz
St. Gallen

Kommentar: Liebes Toggenburg, manchmal ist anders sein nicht gut

«Hinterwäldler»

Liebes Toggenburg, manchmal ist anders sein nicht gut

· Online seit 19.12.2021, 05:59 Uhr
«Hinterwäldler», «Bünzli», «stur» – diese drei Worte höre ich oft in Zusammenhang mit meiner Heimat, dem Toggenburg. Gerade nach der Abstimmung zum Covid-Gesetz und der hohen Impf-Skepsis in der Region lassen sich diese Attribute schwer abschütteln. Deshalb hier mein persönlicher Brief an uns «Hinterwäldler».
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Liebe Toggenburgerinnen und Toggenburger. Wir haben die schönsten Berge der Welt, bewohnen die vielseitigsten Landschaften, haben berühmte Sportler und Sportlerinnen, wichtige kulturelle Anlässe und die besten Feste – weil wir das gesellige Beisammensein lieben und uns das auch nicht nehmen lassen wollen. Das ist schön.

Wir sind gut darin, die Dinge beim Namen zu nennen. Die Menschen positionieren sich, sagen, was sie denken, und auch das ist schön.

Geht es um die Corona-Impfung, ist viel Skepsis zu spüren. Toggenburgerinnen und Toggenburger lassen sich nichts auferzwingen – sie wollen selbst entscheiden und auch das ist grundsätzlich schön.

Nur, liebe Toggenburgerinnen und Toggenburger, manchmal nützt es nichts, schön und einzigartig zu sein. Manchmal braucht es Nachsicht, um ein grösseres Problem zu lösen. Was Sturheit bewirken kann, haben wir bei den Skigebieten im Toggenburg gesehen, die seither getrennte Wege gehen. Sturheit führt zu Streit, zu einem Graben in der Gesellschaft, der teilweise bereits jetzt zu spüren ist.

Ich möchte weder jemanden zum Impfen zwingen noch jemandem davon abraten. Ich möchte euch nur bitten, zu akzeptieren. Menschen zu akzeptieren, die sich impfen lassen wollen, aber auch Menschen zu akzeptieren, die sich nicht impfen lassen wollen. Politiker zu akzeptieren, die Entscheidungen treffen, die sie für richtig halten und zu akzeptieren, dass Entscheidungen Konsequenzen nach sich ziehen können.

Ich bin mit Stolz eine «Hinterwäldlerin», weil das Toggenburg oft andere Wege geht, aber manchmal ist anders sein nicht gut. Wir wollen noch lange die schönsten Berge der Welt besteigen und unsere kühnen Sportlerinnen und Sportler bejubeln – doch das ist mit Sturheit nicht zu schaffen. Da müssen wir über die sieben Churfirsten hinausblicken und zusammenstehen.

Wir sind gut darin, Dinge beim Namen zu nennen und deshalb meine Bitte: Hört auf, stur zu sein. Seid nett, seid offen und trägt dazu bei, diese Krise zu überwinden, damit wir bald wieder uneingeschränkt lustige Feste feiern können.

veröffentlicht: 19. Dezember 2021 05:59
aktualisiert: 19. Dezember 2021 05:59
Quelle: FM1Today

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