Wenn die Hallen der Olma sich leeren und die Menschenmengen weiter zum Jahrmarkt ziehen, kommt es zu Bildern, die wir so länger nicht gesehen haben. Nach Monaten des Abstandhaltens, Hygienekonzepten und Quarantänen quetschen sich die Leute Schulter an Schulter durch die Sonnenstrasse. Vor den Ständen wird sich in den Warteschlangen auf den Füssen rumgestanden, auf den Bahnen wird einander in die Ohren gekreischt und ein kurzer Besuch beim Jahrmarkt wird schnell zum Spiessrutenlauf durch die alkoholisierten Menschenmassen. Für viele stellt sich bei diesem Anblick die Frage: Entspricht dies dem Schutzkonzept?
Zertifikatspflicht nur für Bahnen
Um diese Frage zu beantworten, muss das Jahrmarkt-Areal in zwei Gebiete unterteilt werden. Der Bereich mit den Bahnen darf nur mit einem gültigen Covid-Zertifikat besucht werden. Denn die Chilbi auf dem Spelteriniplatz zählt als Veranstaltung und ist deswegen auch von jeglichen Schutzkonzepten befreit.
Abstand «nach Möglichkeit»
Anders ist es bei den Ständen auf der Sonnenstrasse. Dieser Bereich zählt als Markt und ist frei zugänglich für jede und jeden. Hier war die ausgestellte Bewilligung an gewisse Kriterien gekoppelt. Es ist aufgeführt, dass jeder Stand ein Schutzkonzept haben muss und nach Möglichkeit die Abstände eingehalten werden müssen. Was konkret «nach Möglichkeit» bedeutet, ist allerdings unmöglich zu definieren. Roman Kohler, Mediensprecher der Stadtpolizei St.Gallen, sagt: «Wenn es Beschwerden gibt oder wir das Gefühl haben, dass über eine längere Zeit die Sicherheit nicht gegeben ist, suchen wir das Gespräch mit den Veranstaltern.»
«Der Kunde entscheidet»
Hiltrud Frei, Präsidentin des Ostschweizer Marktverbands, ist überzeugt, dass das Einhalten der Abstände möglich ist: «Die Stände stehen weit auseinander und die Sonnenstrasse ist breit genug, um allen Besuchenden Platz zu bieten.» Zu Stosszeiten könne es für kurze Zeit enger werden, aber da sei auch die Mithilfe der Gäste wichtig. «Es gibt Desinfektionsmittel, Schutzscheiben und Sicherheitshinweise. Die Händlerinnen und Händler können nur die Rahmenbedingungen bieten. Der Kunde entscheidet, was er daraus macht», sagt Frei und appelliert an die Eigenverantwortung der Besuchenden.
Abfallberge ein Problem
Nicht nur im Bezug auf die Abstände sei die Mithilfe der Gäste entscheidet, sagt die Präsidentin und weist auf eine andere Sorge hin: «Unser grösstes Problem war der Abfall. Als wir am Samstagmorgen am Jahrmarkt angekommen sind und die Abfallberge gesehen haben, hat es uns beinahe aus den Socken gehauen.»
Trotzdem blickt Frei zufrieden auf das erste Wochenende zurück: «Der Besucherstrom war gewaltig. Die Menschen haben sich gefreut, wieder auf dem Jahrmarkt zu sein.»
(mau)