Ostschweiz
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Mit Taschen aus Zementsäcken gegen die Armut in Kambodscha

Bekos Rorschach

Mit Taschen aus Zementsäcken gegen die Armut in Kambodscha

04.11.2024, 17:28 Uhr
· Online seit 03.11.2024, 13:49 Uhr
Viele Kambodschanerinnen und Kambodschaner leben in bitterer Armut. Ein Ostschweizer Ehepaar ermöglicht einigen Familien, sich den Lebensunterhalt zu verdienen – und zwar mit Accessoires aus alten Zement-, Reis-, oder Futtersäcken.
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Die Stadt Siam Reap im Nordwesten von Kambodscha ist vor allem bekannt für ihre Nähe zu den atemberaubenden Tempel der Khmer, darunter der weltbekannte Angkor Wat. Doch der Tourismus bringt nicht automatisch Wohlstand. Hinter den Hochglanzresorts, den schicken Restaurants und Hotels hausen grosse Teile der Bevölkerung in Baracken.

«Man hört es nicht so oft, doch das ist eine der ärmsten Gesellschaften der Welt», sagt Martina Koller, Inhaberin von Bekos Upcycling. «Riesige Gebiete sind immer noch komplett vermint, die Leute können sich kaum frei bewegen.»

Martina Koller betreibt mit ihrem Mann Emil ein Upcycling-Geschäft. Sie verkaufen vor allem Accessoires, die aus alten kambodschanischen Zement-, Fischfutter- oder Zuckersäcken hergestellt werden.

Arbeit für zehn Familien 

Die Idee dazu sei ihr bereits vor Jahren gekommen. Sie habe selbst einmal eine Tasche gekauft, die aus alten Materialien gefertigt worden war. «Ich war beeindruckt von der Tasche, sie war so praktisch und ging einfach nicht kaputt», sagt Koller. Zusammen mit einem Bekannten aus Deutschland und dessen kambodschanischer Frau sei es ihr später gelungen, vor Ort in Siam Reap ein Netzwerk aufzubauen, eine Familienkooperation.

«Daran sind zehn Familien angeschlossen, denen wir einen Lohn bezahlen. Dadurch haben sie Arbeit und ihre Grundversorgung ist gesichert», sagt Koller. Eine zwischengeschaltete Institution oder einen Händler gebe es nicht: «Wir und zwei Partner in Deutschland und Belgien beschäftigen diese Familien und bezahlen sie in US-Dollars.»

Spezialrucksäcke von Landminenopfern

Die Kamboschanerinnen und Kambodschaner suchen dort die ausgedienten Säcke, waschen sie und stellen daraus die gewünschten Accessoires her. Neben Rucksäcken und verschiedenen Taschen sind das etwa Necessaires, Brillenetuis oder Portemonnaies.

Das Ganze ist von der World Fair Trade Organization zertifiziert. Das Siegel garantiert die Einhaltung fairer Bedingungen. Dafür gibt es von der Organisation gewisse Auflagen. In ihrem Fall sei es die Beschäftigung von mehreren Landminenopfern, sagt Koller: «Sie stellen bei uns ein spezielles Rucksackmodell her.»

Die Fertigung laufe komplett vor Ort. «Wir achten auf möglichst kurze Wege und Lieferketten. Wir möchten keine Schweizer Materialen nach Kambodscha bringen und dann wieder zurück. Es gibt auch vor Ort Reissverschlüsse und dergleichen in guter Qualität», sagt Koller.

Die fertigen Accessoires kommen per Schiff nach Europa und schliesslich in die Schweiz. 

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Der Schritt zum Rorschacher Laden

Bekos betreibt seit Jahren einen Online-Shop und ist auf Märkten präsent – auch an der Olma und Offa. Trotzdem war es Martina Koller wichtig, auch einen richtigen Laden zu eröffnen. Diesen gibt es nun seit Anfang des Jahres in Rorschach.

Er kommt sehr bunt daher. Auf den Accessoires leuchten Frösche und Fische, genauso wie Schweine oder ein Kamel, das einer Zigarettenmarke recht ähnlich sieht. Und es gibt Rucksäcke  mit einem blauen Adler drauf. Genau diese werden von Männern gemacht, die auf Landminen getreten sind, sagt die Verkäuferin vor Ort.

Eine neue Chance. Für Mensch und Material.

veröffentlicht: 3. November 2024 13:49
aktualisiert: 4. November 2024 17:28
Quelle: FM1Today

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