Ostschweiz
St. Gallen

St.Gallen Libre: So geht es dem wohl jüngsten Barbesitzer St.Gallens heute

Ein Jahr nach Eröffnung

«Kein Ort für Rudelbumsen» – so geht es dem wohl jüngsten St.Galler Barbesitzer heute

11.08.2023, 17:09 Uhr
· Online seit 11.08.2023, 17:07 Uhr
Frisch aus der Lehre hat sich Sven Sennhauser 2022 mit der eigenen Bar, dem «St.Gallen Libre», den Traum der Selbstständigkeit erfüllt. Seither hat der heute 20-Jährige viel erlebt. FM1Today hat mit ihm sein erstes Jahr als Barbesitzer Revue passieren lassen.

Quelle: FM1Today/Marija Lepir

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Ein Jahr ist es her, dass Sven Sennhauser sich den Traum der Selbstständigkeit erfüllt hat. Mit dem «St.Gallen Libre» hat der heute 20-Jährige einen Ort für die LGBTQIA+-Community geschaffen, der ankommt. «Ich habe eine grosse Stammkundschaft entwickelt, die mir auch sehr ans Herz gewachsen ist.» Ein wirkliches Konzept hatte Sven vor der Eröffnung nicht. Einen «Hauch Berlin» wollte er mit seiner «verruchten Kneipe» in die idyllische Gallusstadt bringen. Ist ihm das gelungen? «Nicht wirklich. Wir haben aber gewisse Anlässe, die Berlin vermitteln und eher atypisch für St.Gallen sind.»

Ein Ort zum Austauschen...

Gemeint sind die «Kinky Night» und der «Puppy Day», an denen man in Lack und Leder oder eben in Hundemontur erscheint – beides kommt aus dem BDSM-Bereich. «Es geht darum, einen sicheren Ort für solche Veranstaltungen bieten zu können, wo die Leute wissen, dass Konsens herrscht. Wenn jemand jemanden gegen seinen Willen anfasst, fliegt die Person.»

In der St.Galler Gastroszene wurde Sven mit seiner Bar gut aufgenommen. «Es ist ein richtiges Mit- und kein Gegeneinander. Auch unter den queeren Betrieben.» Speziell auch der Zusammenhalt zwischen den Betrieben in der Metzgergasse sei gross.

...oder doch ein Schmuddelschuppen?

Doch die anzüglichen Events kommen nicht bei allen in der Stadt gut an. «Teilweise werden wir belächelt, teilweise wird mit ehrlichem Interesse nachgefragt.» Schnell hat sich das «St.Gallen Libre» einen fragwürdigen Ruf eingefangen. «Es sind die klassischen Gerüchte entstanden. Dass wir ein Schmuddelschuppen mit Darkroom im Keller und freiem Rudelbumsen seien. Das sind wir natürlich nicht. Wir haben eine sehr gesittete Kundschaft.»

Natürlich gehe es bei den Events darum, sich zu zeigen und auch Sichtbarkeit für die Szene zu schaffen. Sex stehe aber überhaupt nicht im Fokus. «Wenn man mit den Menschen ins Gespräch kommt, merkt man schnell, dass das Menschen sind wie du und ich.» Besonders gefreut habe ihn, als seine Grossmutter an einem Puppy Day vorbeigeschaut habe. «Sie kommt aus einer anderen Generation, aber sie hat ganz offen und interessiert das Gespräch gesucht.»

Anstrengender als gedacht

Sven hatte sich vor der Eröffnung auf lange Tage und noch längere Nächte eingestellt. Wie anstrengend ist es wirklich? «Teilweise habe ich es mir ein bisschen weniger streng vorgestellt, als es wirklich ist. Für mich ist es aber noch immer mehr Hobby als Job. Dementsprechend leicht fällt mir auch das Arbeiten, auch wenn es mal 15-Stunden-Tage gibt.»

Die Bar hat bei der LGBTQIA+-Community Anklang gefunden. Trotzdem sei die grösste Herausforderung noch immer, genügend Kundschaft in die Bar zu bringen – und diese dann auch zu halten. Auch sei ernüchternd gewesen, dass viele Freundinnen und Freunde vorab grosse Unterstützung zugesichert hätten, ihr Versprechen dann aber nicht gehalten und die Bar nur selten besucht hätten. «Die Leute, die jetzt regelmässig kommen, haben wir alleine für uns gewonnen.»

«Stolz auf mich»

Sven ist zufrieden, wie das «St.Gallen Libre» angelaufen ist. Auf etwas ist er aber besonders stolz: «Ein Gast ist hereingekommen und das Erste, was er sagte, war: ‹Ich hätte dir am Anfang nur ein halbes Jahr gegeben und jetzt stehe ich nach acht Monaten bei dir in der Bar.› Es gibt sicher einige, die so denken. Dementsprechend stolz bin ich, dass ich noch immer hier stehe.»

«Jung, wild und unprofessionell» in die Zukunft

Spezielle Pläne für die Zukunft hat Sven nicht. Er hofft, dass die Geschäfte auch weiterhin so gut laufen. Auch weitere queere Events wie Lesungen oder Infoabende würde er künftig gerne anbieten, aktuell reiche aber die Zeit einfach nicht, das selbst anzugehen. Kommt aber ein Verein auf ihn zu, stellt er die Räume des «St.Gallen Libre» gerne zur Verfügung. Er glaubt an seine Bar und blickt positiv in die Zukunft. «Wir ziehen weiter durch, wie wir angefangen haben: Jung, wild und unprofessionell.»

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veröffentlicht: 11. August 2023 17:07
aktualisiert: 11. August 2023 17:09
Quelle: FM1Today

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