Quelle: FM1Today
Mit jeder verstauten Zügelkiste rückt der Abschied näher. Langsam füllt sich das weisse VW-Büssli, das vor Sara Zwahlens Elternhaus in Balgach steht. In nur wenigen Stunden geht für die Lehrerin das Abenteuer Simplon los, einem Dorf am anderen Ende der Schweiz.
Auch wenn es für Lehrpersonen nicht ungewöhnlich ist, eine Stelle weit weg von zu Hause anzunehmen, steckt hinter Sara Zwahlens Umzug eine spezielle Geschichte. Eine Schulklasse in Simplon Dorf stand für das kommende Schuljahr ohne Lehrperson da, Bewerbungen blieben aus. So hätten die sechs Kinder künftig den langen Weg von Simplon nach Brig auf sich nehmen müssen.
Einmal quer durch die Schweiz
Rettung naht nun in der Form der 25-jährigen Balgacherin. Ab dem 16. August wird sie die Schulklasse übernehmen und in Simplon einen Neuanfang wagen. Jetzt muss das Zimmer in Sara Zwahlens Elternhaus einmal quer durch die Schweiz gezügelt werden. «Ich habe alle meine sieben Sachen gepackt. Die Vorfreude ist gross», sagt Zwahlen.
Trotzdem schaut die Balgacherin auch etwas wehmütig auf die Veränderung: «Die Zeit seit meiner Entscheidung bis zum Zügeltermin ging sehr schnell um. Ich konnte mich noch nicht von allen verabschieden. Aber ich bin ja nicht weg von der Welt.» Tränen habe es bis jetzt noch keine gegeben. Diese wolle sie sich noch verkneifen. «Es könnte aber schon noch soweit kommen.»
Gemischte Gefühle bei Mami Viviane
Eine, die definitiv mit einem tränenreichen Abschied rechnet, ist Sara Zwahlens Mami Viviane: «Es wird auf jeden Fall Tränen geben. Vielleicht kann ich sie zurückhalten, bis sie weg ist, aber irgendwann wird es soweit sein. Man muss in einem solchen Moment Gefühle zeigen.» Es sei ein komisches Gefühl, jetzt, wo der Umzug kurz bevor stehe. Trotzdem sei es wichtig, loszulassen: «Ein Teil von dir geht, aber ich freue mich, dass mein Vogel nun flügge wird.»
Das Schlafzimmer der 25-Jährigen ist mittlerweile fast leer. Das Bett bleibt dort, an manchen Wochenenden will sie auf Besuch kommen. «Es ist komisch, wenn es im eigenen Zimmer hallt.» Auf einem Schrank stehen zahlreiche Souvenirs, welche die Lehrerin auf all ihren Reisen rund um die Welt gesammelt hat. Kommt auch ein Rheintaler Souvenir mit ins Wallis? «Ein Fläschchen Sonnenbräu-Bier kommt sicher mit und als persönliches Souvenir mein erstes Stofftier, ein Rössli, das ich als Dreijährige bekommen habe.»
Ein Rössli kommt mit, zwei bleiben im Rheintal
Ihre zwei grossen Rössli kann Sara Zwahlen aber nicht mitnehmen. Seit Jahren bereitet sie zwei Pferde auf einem benachbarten Hof. Der Abschied von den Tieren macht ihr zu schaffen: «Die Pferde hier zurückzulassen, macht mir mehr Mühe, als ich gedacht hätte. Ich habe aber bereits sehr gute Nachrichten aus dem Wallis erhalten. Leute aus Brig, welche selber Pferde halten, haben sich bei mir gemeldet und gesagt, ich sei immer herzlich willkommen.»
Herzlichkeit sei es auch, in welcher sich die Rheintaler und die Walliser ähneln. «Ich war nun schon ein paar Mal in Simplon und ich weiss sehr zu schätzen, wie offen die Leute sind und wie schnell man mit ihnen ins Gespräch kommt.» Apropos Gespräch: Wie steht es um die Walliserdeutsch-Kenntnisse der Balgacherin? «Am Telefon musste ich bisher schon ein paar Mal nachfragen, was gemeint ist. Im persönlichen Gespräch funktioniert es aber gut. Und mit meiner Schulklasse wird es sicher noch einen Dialektaustausch geben. Ein paar Rheintaler Ausdrücke werden es also auch nach Simplon schaffen.»