Im Dorf Unterwasser hat Samstagnacht das soganannte «Rocktoberfest» mit Fans aus der rechtsextremen Szene stattgefunden. Dass statt der angekündigten 600-800 Konzertgänger ganze 5000 Personen in die Tennishalle im Toggenburg kommen würden, war für niemanden aus der Gemeinde absehbar. Auch hatte es sich bei den Musikern nicht wie angekündigt um Nachwuchsbands aus der Schweiz gehandelt, sondern um einschlägig bekannte Gruppen aus der rechtsextremen Szene.
«Durch Angaben falscher Tatsachen» sei diese Veranstaltung möglich geworden, sagt Rolf Züllig, der Gemeindepräsident von Wildhaus-Alt St. Johann. Die Ortschaft sei über den Tisch gezogen und völlig überrascht worden. «Wir mussten dann am Samstagnachmittag zur Kenntnis nehmen, dass sich Rechtsextreme bei uns in Unterwasser zu einem Konzert treffen.»
Hinters Licht geführt
Für den Anlass sei eine Bewilligung erteilt worden. «Vor ein paar Wochen haben wir ein Gastwirtschaftspatent erteilt», berichtet Rolf Züllig weiter. «Ein junger Mann hat bei uns angefragt, ob er ein Konzert abhalten könne - und zwar mit fünf oder sechs Nachwuchsbands aus der Schweiz.» Und dem Beisatz, dass die Musiker in ihrem Verwandtschafts - und Kollegenkreis Billette verkaufen würden.
«Wenn wir gewusst hätten, um was es wirklich geht, hätten wir diese Veranstaltung auf keinen Fall bewilligt», sagt der Politiker. «Die Musik, die diese Bands spielen, ist nachweislich in Deutschland verboten und wir haben kein Interesse daran, Rechtsextremen eine Plattform zu bieten. Schon gar nicht im beschaulichen Toggenburg.»
«Riesiges Pech für Gemeinde»
Das Konzert sei wie vereinbart Sonntagfrüh gegen 4 Uhr beendet worden, Zwischenfälle habe es keine gegeben. «Das liegt auch daran, dass die Veranstalter ihre eigenen Securityleute mitgebracht haben, die für Ordnung sorgten», führt der Gemeindepräsident aus. Vonseiten der Gemeinde sei das Areal gleich danach gereinigt worden. «Um 9 Uhr hat man nicht mehr gesehen, dass eine Veranstaltung stattgefunden hat.»
Gerade in seiner Gemeinde, die regelmässig von Touristen besucht wird, sei ein umgehendes Aufräumen nach Veranstaltungen enorm wichtig. Und einen Imageschaden will sich die Gemeinde definitiv nicht leisten. «An unserer Reputation muss nicht gezweifelt werden», betont Rolf Züllig deshalb. «Wir wollen keine radikalen Personen haben und es gibt bei uns auch keinen Nährboden für extreme Gesinnungen. Wir hatten einfach riesiges Pech.»
Im Geheimen Fäden gezogen
Die Polizei sei vor Ort, aber nicht in der Halle gewesen. «Hintenrum ist dadurch einiges möglich», betont der Journalist Hans Stutz. Er ist als Beobachter der rechtsextremen Szene bekannt und setzt sich in der Schweiz am längsten mit der Thematik auseinander. Der Polizei seien die Hintergründe der Veranstaltung offenkundig nicht klar gewesen, meint er. «Wie es zu einem solchen Treffen kommen konnte, muss nun von den Medien und der Politik geklärt werden.»
Stutz selbst kann sich auch keinen Reim auf die genauen Vorgänge machen. Das elektronische Flugblatt habe jedenfalls nicht darauf hingewiesen, um was es tatsächlich gehe und wo das Konzert stattfände. Auch der Standort war laut Stutz nur in einem kleinem Kreis bekannt. «Das ist eine Vorsichtsmassnahme gegenüber Journalisten oder der Antifa. Offiziell war der angegebene Treffpunkt in Süddeutschland.»
Eine neue Dimension
Hierbei habe es sich jedenfalls um das grösste je stattgefundene Neonazi-Konzert in der Schweiz gehandelt, wenn nicht um eines der grössten in Westeuropa. Dass nicht jede Veranstaltung im Vorfeld genau unter die Lupe genommen werde, würde weder auf Gutgläubigkeit noch auf eine schlechte Absicht hindeuten. «Einer freien Gesellschaft steht schon zu, dass sie nicht komplett inspiziert wird.»