Unterschiedlicher könnten die drei Angeklagte nicht sein. Einer wirkt nervös, läuft vor dem Gerichtssaal unruhig hin und her. Der zweite hat wache Augen, wirkt eher gelassen und der letzte komplett abwesend, als würde er gedanklich ganz an einem anderen Ort sein. Als das Urteil verkündet wird, sind auch die Reaktionen komplett verschieden. Der Hauptangeklagte wirkt wie erstarrt, der Mittäter bricht in Tränen aus und derjenige, der die Waffe aushändigte, scheint sich immer noch in einer anderen Welt zu befinden.
Freiheitsstrafen zwischen 20 Monaten und fünfeinhalb Jahren
Das Bezirksgericht Weinfelden spricht den Hauptangeklagten, einen 28-jährigen Rheintaler, unter anderem der versuchten eventualvorsätzlichen Tötung und der mehrfachen Gefährdung des Lebens schuldig und bestraft ihn mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, sowie einer Geldstrafe von fünf Tagessätzen zu je 60 Franken und einer Busse von 400 Franken. Die Untersuchungshaft wird angerechnet. Der zweite Beschuldigte, ein 27-jähriger Rheintaler, bekommt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten, eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 Franken und eine Busse von 150 Franken. Der 28-jährige Uzwiler, der die Waffe besass, wird zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt und einer Busse von 400 Franken.
Die Angeklagten müssen den drei Privatklägern, darunter zwei Türsteher und ein Taxifahrer, ausserdem eine Genugtuung und Schadenersatz von mehreren tausend Franken zahlen. Die Verfahrenskosten von knapp 160'000 Franken werden aufgeteilt.
Verteidigung möchte Berufung einlegen
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger des Hauptangeklagten hat bereits angekündigt, Berufung einzulegen. Die beiden weiteren Verteidiger ziehen dies in Erwägung. Die Staatsanwaltschaft ist zufrieden mit dem Urteil.
Die drei Männer standen Mitte September vor dem Bezirksgericht Weinfelden. Der Hauptangeklagte soll im April 2017 mit einem Revolver auf einen Türsteher gezielt und geschossen haben. Dies nachdem er und sein Kollege aus dem Club in Bürglen geworfen worden waren. Da sie, gemäss eigenen Aussagen, von den Sicherheitsleuten des Clubs verprügelt wurden, wollten sie sich laut Staatsanwaltschaft an ihnen rächen.
Staatsanwaltschaft geht von gezieltem Schuss aus
Bei den Verhandlungen sagte die Staatsanwaltschaft, gestützt auf Zeugenaussagen und Kameraaufnahmen, dass die beiden Rheintaler nach der Prügelei im Club in ein Taxi stiegen und damit nach Uzwil fuhren, um dort einen Revolver beim dritten Angeklagten, einem Uzwiler, zu besorgen. Mit teilweise vorgehaltener Waffe hätten die beiden Rheintaler den Taxifahrer gezwungen, zurück zum Club in Bürgeln zu fahren, wo sie ein Bild des Taxifahrers machten und ihn damit erpressten. Vor dem Club schlug der Hauptangeklagte, gemäss Staatsanwaltschaft, mit der Waffe einen Türsteher nieder und gab später auf denselben einen Schuss ab, als dieser vor ihm flüchtete.
Die Verteidigung legte die Geschehnisse vor Gericht am 12. September etwas anders dar: Gemäss Verteidiger der Angeklagten waren die beiden Rheintaler zuvor Opfer übler Gewalt von Seiten der Sicherheitsleute geworden. Ohne Grund seien sie aus dem Club in Bürglen geschmissen und verprügelt worden. Der Jüngere der beiden sei derart betrunken gewesen, dass er sich an die Taxifahrt überhaupt nicht mehr erinnern könne. Den Schuss, den der Ältere auf den Sicherheitsangestellten abgegeben hatte, sei kein gezielter Schuss gewesen, sondern nur ein Warnschuss. Dem Hauptangeklagten sei es bei der gesamten Aktion nur darum gegangen, den Türstehern Angst einzujagen, wie sie ihm Angst eingejagt hatten. Auch er habe schlaflose Nächte und werde von den Bildern verfolgt, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort.
Verteidigung forderte mehrere Freisprüche
Die Staatsanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten acht Jahre und für den Mittäter viereinhalb Jahre Gefängnis gefordert. Der 28-jährige Uzwiler, der dem Hauptangeklagten die Waffe aushändigte, sollte anderthalb Jahre ins Gefängnis. Die Verteidigung forderte in mehreren Anklagepunkten, unter anderem in dem der eventualvorsätzlichen Tötung und Gefährdung des Lebens, Freisprüche und verlangte statt Freiheitsstrafen verschiedene Geldstrafen. Anwesend im Gericht waren auch die Vertreter der Privatkläger – die des Taxifahrers und der Türsteher. Sie forderten Genugtuungen und Entschädigungen. Die höchste Forderung stellte der Taxifahrer - er verlangte von den drei Angeklagten 60'000 Franken.