Ueli Fisch (GLP), Hermann Lei (SVP), Turi Schallenberg (SP), Lucas Orellano (GLP) und 41 Mitunterzeichner wollen mit der Motion die Geschäftsordnung des Rats anpassen und so eine gesetzliche Grundlage für Live-Übertragungen schaffen. Im Grundsatz besteht mit dem 2019 eingeführten Öffentlichkeitsprinzip bereits eine Grundlage.
Das Büro des Grossen Rats hat Offerten eingeholt, wie es in der Vorlage heisst. Die Miete einer Anlage für Audiostreaming - ohne Bild - würde jährlich 9000 Franken kosten, ein Videostreaming käme auf 64'400 Franken. Beide Varianten beinhalten eine Replay-Funktion, mit der die Aufzeichnungen während eines Jahrs zugänglich bleiben.
Das Ratsbüro und die Regierung befürworten Livestreams. «Die Transparenz in der Politik würde erhöht, der Zugang gerade für jüngere Altersgruppen erleichtert und das Interesse an der öffentlichen Debatte gefördert», schrieb die Regierung in einer Stellungnahme.
In Corona-Zeiten sinnvoll
Laut den Motionären könnten auch Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung, Schulklassen oder Familien mit kleinen Kindern die Sitzungen des Parlaments einfacher verfolgen. Zudem könnten die Debatten in der Corona-Zeit, in der keine Zuschauer zugelassen sind, trotzdem der Öffentlichkeit gezeigt werden.
Falls der Grosse Rat die Motion kommende Woche erheblich erklärt, will das Büro eine Live-Videoübertragung der Ratsdebatten so schnell wie möglich veranlassen, wie es heisst. Dabei sollen nur die Rednerinnen und Redner aufgenommen werden. Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen seien dafür genügend.
Die Hälfte der 26 Schweizer Kantone bieten derzeit in unterschiedlicher Form Livestreaming ihrer Grossratssitzungen an. Neun Kantone übertragen die Debatten in Bild und Ton, während vier Kantone nur den Ton wiedergeben. Einige Kantone verfügen über automatisierte Systeme, andere benötigen Regiepersonen.
Gescheitertes Projekt
Einzelne Kantone arbeiten mit lokalen TV-Anbietern zusammen. Der Thurgau hatte dies in den Jahren 2018 und 2019 versucht, als die private Leucom Stafag AG die Ratssitzungen rund 15'000 Haushalten zugänglich machte. Die übrigen Haushalte mussten für den Empfang entweder eine Gebühr zahlen oder eine Gratis-App benützen.
Nach knapp zwei Jahren stellte die Leucom Stafag AG die Übertragungen Ende 2019 ein. Sie begründete dies mit den eher bescheidenen Zuschauerzahlen, dem verhältnismässig grossen Aufwand sowie mit fehlender Anerkennung von Seiten der Regierung und des Parlaments.