Im Westen der Gemeinde Horn ist ein neuer Dorfteil am Entstehen. Rund 200 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern der Fortimo AG südlich der Hauptstrasse sind verkauft oder vermietet. Eine Coop-Filiale hat sich etabliert. Gleich daneben wird gegenwärtig das Projekt Aurelia realisiert. Dort entstehen ebenfalls weit über 100 Miet- und Eigentumswohnungen in mehreren Häusern. Im Erdgeschoss eines Aurelia-Hauses der RED Real Estate AG mit Sitz in Zürich wird eine Migros-Filiale eröffnet. Horn West boomt. Und das schönste Areal direkt am See liegt derzeit noch brach, so das «St.Galler Tagblatt».
Dabei handelt es sich um das über 30'000 Quadratmeter grosse ehemalige Raduner-Areal. Dort wurden im vergangenen Jahrhundert Textilien veredelt. Im vergangenen Jahr kauft die Mettler2Invest AG in St.Gallen das Areal am See für gut 50 Millionen Franken. Der Boden am See musste zuvor aufwendig dekontaminiert werden. Bei der Textilveredelung waren während Jahrzehnten Schadstoffe ins Erdreich gelangt. Die ehemalige Fabrik ging im Sommer 2015 in Flammen auf. Dem mutmasslichen Brandstifter droht eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren. Der Prozess vor dem Bezirksgericht Arbon hat noch nicht stattgefunden. Zur Brandbekämpfung standen im August vor sieben Jahren über 200 Feuerwehrleute im Einsatz. Auch Armeehelikopter flogen über Horn und liessen Wasser ab. Die Rauchschwaden waren in Deutschland sichtbar.
Von diesem Grossbrand spricht in Horn heute niemand mehr. Die Brandruinen wurden abgerissen, der Boden ist schadstofffrei, das Areal wird umzäunt mit einer Holzwand der Mettler2Invest AG. «Arrivée – ankommen im schönen Leben»: Mit diesem Slogan wird das Projekt beworben. Mit Erfolg. Ida Zepp, bei der Mettler2Invest AG verantwortlich für die Vermarktung, sagt auf Anfrage des «St.Galler Tagblatts», es gebe für die rund 200 geplanten Eigentums- und Mietwohnungen bis heute 1500 Interessentinnen und Interessenten. Fast täglich gingen Anfragen ein.
Viele Standortvorteile sprechen fürs Projekt
Für das grosse Interesse an «Arrivée» gibt es verschiedene Gründe. Das Areal befindet sich an einzigartiger Lage; nur ein Velo- und Fussweg und ein Streifen Schilf, in dem sich heute ein Biber bewegt, trennen das Land vom See. Zum anderen verfügt die Thurgauer Exklave über eine gute Verkehrsanbindung: Es gibt einen Bahnhof an der Seelinie mit Halbstundentakt in beiden Richtungen, etliche Postautohaltestellen und einen Halbstundentakt nach St.Gallen sowie einen Hafen, in dem Schiffe der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt AG anlegen. Mit dem Auto sind Berufspendler aus Horn in zwei Minuten auf der Autobahn A1 und schnell in St.Gallen oder im Rheintal. Das sind Standortvorteile.
Zu diesen gehören auch der tiefe Steuerfuss und eine gut geführte Schule, die vom Kindergarten bis zur Oberstufe alles anbietet. Erst vor Wochenfrist wurde ein neuer Kindergarten eingeweiht. Auch das Seebad wird nach dieser Saison komplett erneuert; es entsteht das erste Naturbad am Oberen Bodensee. Kurz: Die Gemeinde hat Geld und investiert es. Ein Beispiel: Horn hat als einzige Thurgauer Gemeinde, die kein Feuerwehrstützpunkt ist, einen Hubretter angeschafft. Horn hat drei Häfen für Freizeitkapitäne.
Doch zurück zum Raduner-Areal. Die Mettler2Invest AG luden sieben Architekturbüros zu einem Studienwettbewerb ein. Gewonnen hat den Wettbewerb der Architekt Carlos Martinez mit Büros in Berneck und Rorschach. Martinez gestaltete zusammen mit der Künstlerin Pipilotti Rist den Roten Platz im Bleicheliquartier in St.Gallen und nach seinen Plänen wurde die Oberwaid, Hotel mit Klinik, im Osten St.Gallens gebaut. Sein Projekt für das Raduner-Areal heisst in Anlehnung an das französische Arrivée aus der Mettler2Invest-Küche «Ma maison au bord du lac». Voilà.
Martinez und sein Team werden die Projektstudie weiterbearbeiten. Sie dient danach als Richtprojekt für die Erarbeitung des Gestaltungsplans. Dieser soll Ende 2022 öffentlich aufgelegt werden. Im Idealfall könnten die Bauarbeiten im Herbst 2023 beginnen. Die erste Etappe der Wohn- und Gewerbeüberbauung «Arrivée» wäre dann ab Herbst 2025 bezugsbereit. So wird es auf der Website mitgeteilt. Horn wächst und wächst.
Ziel: Viele Menschen erreichen
«Wir möchten mit dem Wohnangebot im ‹Arrivée› möglichst viele Menschen erreichen. Die Ansprüche dieser zahlreichen Zielgruppen zu erfüllen, ist eine der grössten Herausforderungen des Projektes.» Das sagt Projektleiter Roland Ebneter in einem Interview, das auf der «Arrivée»-Website publiziert ist.
Ansprechen solle das Angebot hauptsächlich Personen, die sich mehr Wohn- und Lebensqualität wünschten. Angefangen bei den Familien mit überdurchschnittlichem Haushaltseinkommen bis hin zum Ehepaar mit dem Wunsch für die eigenen vier Wände sowie pensionierten Paaren, welche den Wechsel vom Einfamilienhaus in eine altersgerechte Wohnung anstrebten. «Aber auch Singles, die am See den idealen Rückzugsort zum hektischen Alltag finden möchten, wollen wir ansprechen», sagt Ebneter.