Es gebe «erhebliche Zweifel» an der Darstellung der Staatsanwaltschaft. Dies sagte die Verteidigung des 66-Jährigen, der beschuldigt wird im Mai vor drei Jahren in Tägerwilen seine Freundin getötet zu haben.
«Wesentliche Ungereimtheiten»
Der Beschuldigte soll am Pfingstsamstag 2016 bei der See-Rhein-Badi in Tägerwilen TG seine in Konstanz wohnende 38-jährige, langjährige Geliebte gewürgt und mit einem Stein erschlagen haben. Die Leiche fand man am Rheinufer. Zwei Tage später wurde der Mann am Flughafen Barcelona verhaftet.
Wie die Verteidigung am zweiten Prozesstag sagte, gebe es im zeitlichen Ablauf vom Tatabend «wesentliche Ungereimtheiten zu Indizien, Fakten und Zeugenaussagen.» Die Zeitabläufe nach Schilderung der Anklage seien «unwahrscheinlich bis unmöglich».
War ein Dritter beteiligt?
Dabei stützte sich die Verteidigung auf Zeugenaussagen, wonach das Paar um 21.50 Uhr ins Lokal bei der Seebadi kam und es nach rund halbstündigem Aufenthalt nacheinander verliess. Als die Frau ging, sei der Mann schon weg gewesen.
Die Frau sei zu Fuss Richtung Rhein gegangen. Einige Minuten später habe die Wirtin vor dem Haus eine Zigarette geraucht - und vom Rhein her Schritte gehört. Männerschritte. Die nicht hinkten, wie es der Beschuldigte getan habe, als er ins Lokal kam. Wie der Verteidiger mutmasst, müsse ein unbekannter Dritter im Spiel gewesen sein.
«Keine finanziellen Motive»
Gemäss Verteidiger wurde die Tat erst nach 22.30 Uhr verübt. Damit falle sein Mandant als Täter ausser Betracht. Dessen Handy sei nämlich um 22.30 Uhr von einer Mobilfunkantenne in Hefenhausen TG - einige Autominuten entfernt - erfasst worden. Zudem habe es kein finanzielles Motiv für die Tat gegeben - der Beschuldigte habe auf Teneriffa durchaus sein Auskommen gehabt.
«Unschuldsvermutung krass verletzt»
Im Übrigen zerzauste der Verteidiger das Vorgehen der Staatsanwaltschaft während den Ermittlungen. Es habe unzulässige Unterstellungen und Suggestivfragen gegeben. Die Unschuldsvermutung sei «krass verletzt» worden. Dabei ändere das anfängliche, später zurückgezogene Geständnis des Mannes nichts an diesem Prinzip.
Bei den psychiatrischen Gutachtern ortete der Verteidiger eine «skandalöse Einstellung» und Voreingenommenheit. Das Gutachten hatte den Mann als kaltblütige, manipulative Persönlichkeit mit schlechten Behandlungsaussichten und hohem Rückfallrisiko beschrieben.
Freispruch und Haftentschädigung
Der Staatsanwalt hatte am Montag eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen Mordes sowie Verwahrung gefordert. Laut seiner Darstellung hatte der Beschuldigte die Frau getötet, um an das Geld aus einer Lebensversicherung zu kommen, die er Monate zuvor für sie abgeschlossen habe.
Der Verteidiger forderte einen vollumfänglichen Freispruch seines Mandanten und eine Haftentschädigung für ihn. Das Urteil wird am Mittwoch erwartet.