Rund um den Bürkliplatz und entlang des Stadthausquais wurde das Gewusel gegen 14 Uhr immer dichter. 2670 Kinder, 821 Musikanten und 156 Umzugsbegleiter fanden sich ein. Hinzu kamen Eltern, weitere Verwandte sowie unzählige Zuschauerinnen und Zuschauer.
Trotz des Gewusels wurde rasch eine gewisse Ordnung ersichtlich. Die Kinder reihten sich ihren Kostümen entsprechend ein. Der Umzug war historisch gegliedert und führte - von Romanik über Gotik und Barock bis zu Rokoko und Biedermeier - durch über 900 Jahre Zürcher Geschichte.
Den Abschluss bildete die in den vergangenen Jahren stark gewachsene bunte Gruppe «weltoffenes Zürich»: Mehrere hundert Kinder von über 20 ausländischen Kulturgruppen zeigten sich in ihren traditionellen Kostümen.
Für einen reibungslosen Ablauf des traditionellen Kinderumzugs sorgten wiederum die Umzugsbegleiterinnen und -begleiter, die am Zunftanlass «Chäfer» heissen.
Die 156 «Chäfer», allesamt Zünftertöchter und -söhne, hielten während des Umzugs ihre Gruppen beisammen. Mal tröstete einer der «Chäfer» ein Mädchen, das abgelenkt durch winkende Zuschauer über den eigenen Rocksaum stolperte. Mal nahm einer einen müden Umzugsteilnehmer Huckepack, der ihm im Gegenzug als Dank einen Schirm schräg vors Gesicht hielt.
Der Kinderumzug ist ein offener «Sächsilüüte»-Anlass. Er steht uneingeschränkt allen 5- bis 15-jährigen Kindern und Jugendlichen aus der Stadt und dem Kanton Zürich offen. Und bereits seit 1867 laufen gemäss einer Mitteilung des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs auch Mädchen mit.
Damit zudem Kinder aus zunftfernen Familien einfach teilnehmen können, gibt es ein «Kostümkomitee». Dieses verfügt über einen Fundus von rund 900 historischen Kostümen und Trachten, die im Vorfeld des Umzuges vermietet werden.
Der Kinderumzug verlief am Sonntagnachmittag weitgehend problemlos. Das Wetter spielte allerdings bei der 154. Austragung nicht mit: Zwar hatte sich die Sonne kurz vor Umzugsbeginn noch rasch gezeigt, doch pünktlich zum Abmarsch um 14.30 Uhr setzte ein leichter, aber beständiger Regen ein.
So schlimm sei das nicht, sagte eine Mutter. Der Wetterbericht habe ja heftige, gewittrige Niederschläge angekündigt. «Das ist nur Regen, der vertreibt unsere gute Laune nicht.»
Die Teilnehmer trotzten den Tropfen ebenfalls. Viele nahmen sie mit Humor: So sei immerhin, anders als seine Mutter befürchtet habe, seine Uniform nicht dreckig geworden, sagte ein Bub lachend - und er wies auf die durchsichtige Regenpelerine hin, die er wie die meisten Teilnehmer übergeworfen hatte.
Am (morgigen) Montag findet ab 15 Uhr der offizielle Sechseläuten-Umzug mit rund 3500 Zünftern statt. Als Gast ist in diesem Jahr am «zünftigen Zürcher Frühlingsfest» die Zunft zu Safran aus Luzern dabei. Sie verspricht «es rüüdig schöns Sächsilüüte».
Um 18 Uhr wird mit dem Verbrennen des «Bööggs» symbolisch der Winter vertrieben. Wenn der Kopf des Schneemanns explodiert ist und sich die Zünfter in ihre Zunftstuben zurückgezogen haben, kommt es - sofern das Wetter dies zulässt - zum «Volkswurstbraten». Jung und Alt grillieren auf den Überresten des «Böögg»-Feuers mitgebrachte Würste.