In der Vergangenheit sorgten Berichte von Frauen im Militär für Aufsehen: ständige sexistische Sprüche, sexuelle Belästigung – bis hin zur Vergewaltigung. Zwar gibt es keine offiziellen Zahlen, doch zeigen Medienberichte über Erzählungen von Frauen, dass die Schweizer Armee offenbar ein gravierendes Sexismus-Problem hat. Etwa berichteten der «Tages-Anzeiger» oder «20 Minuten» darüber.
Vorwurf: Frauen seien nur wegen Männern im Militär
Watson hat Anfang Februar drei Frauen gefragt, wie sie den Militärdienst erlebten. Eine sagte: «Sie haben über meine Brüste gesprochen, sobald ich ihnen den Rücken zudrehte. Und die ganze Runde lachte. Ich versuchte danach, sie noch besser zu verstecken.»
Eine andere: «Jede Frau, die das Militär gemacht hat, kann Beispiele nennen, wie sie diskriminiert oder sexistisch beleidigt wurde.» Von übergriffigen Kollegen oder Vorgesetzten, die Frauen unpassend anfassen, habe sie schon von anderen Soldatinnen erfahren.
Am allerschlimmsten seien aber die Gerüchte: «Es heisst immer, Frauen hätten etwas mit diesem und jenem Soldaten gehabt. Oder dass sie mit dem Zugführer schlafen wollen. Manchmal wird uns sogar vorgeworfen, dass man als Frau nur wegen der Männer im Militär sei.»
Im Februar wurde bekannt, dass die Armee bis Ende 2023 eine Umfrage zum Thema durchführt. Diese beschäftigt sich mit der Frage, wie häufig Diskriminierung und sexuelle Gewalt im Schweizer Militär vorkommen. Ausserdem entwickelte die Armee eine neue Strategie zur Förderung und zum Umgang mit Diversität.
Chef der Armee meldet sich mit Video
Inzwischen ist eine erste Kommunikationsmassnahme an die Öffentlichkeit gelangt: Kurz vor Pfingsten verschickte die Medienstelle der Armee zwei Videos, in denen Armeechef Thomas Süssli und Ausbildungschef Hans-Peter Walser zum Diskriminierungsschutz und zur Wahrung der Menschenwürde aufrufen. Der Titel: «Nulltoleranz».
Dies soll wohl wenig Zweifel daran lassen, wie sich die Schweizer Armee in Sachen Diskriminierung, Sexismus oder Belästigung positioniert. «Wir wollen, dass konsequent dagegen vorgegangen und vor allem nicht weggeschaut wird», sagt Süssli in dem Video. Es sei keine persönliche Entscheidung, beim Diskriminierungsschutz und beim Wahren der Menschenwürde zu handeln, «sondern eine Verpflichtung».
Warum gerade jetzt?
Doch warum verschickt die Armee gerade jetzt so ein Video? Ist etwa wieder etwas vorgefallen? Auf Anfrage der Redaktion sagt ein Armeesprecher: «Die Planung bzw. Realisierung der Videobotschaften startete bereits vor einigen Monaten; der Zeitpunkt der Veröffentlichung wurde frei gewählt.» Einer Frage nach einem konkreten Vorfall in jüngster Zeit weicht der Sprecher aus.
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Offenbar will sich die Armee damit auch etwas digitaler darstellen: «Die Armee setzt in der Kommunikation vermehrt auf Videos, um damit die Armeeangehörigen direkt und auf eine moderne Art ansprechen zu können, die sie sich aus ihrer zivilen Umwelt gewohnt sind», sagt der Sprecher.
Das «Phänomen», dass Vorfälle hinsichtlich Diskriminierung, Sexismus und Belästigung zu wenig gemeldet werden, sei bekannt. Der Sprecher gibt zu, dass eine Dunkelziffer existiere. «Wie gross diese ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.»
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