Die Ausgangslage
In der Schweiz gab es laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) 2021 knapp 49'000 Landwirtschaftsbetriebe, davon 7670 Bio-Betriebe. Sie hielten insgesamt rund 1,5 Millionen Rinder und etwa 1,4 Millionen Schweine. Während die Bestände von Rindern und Schweinen im Vergleich zu 1985 etwas zurückgingen, verdoppelte sich die Zahl der Hühner von 6,2 auf rund 12,6 Millionen.
Gestern anlässlich eines öffentlichen Anlasses diesen Legehennenstall besucht. Alle Fotos vom selben Betrieb. Dieser Betrieb wäre unter der Massentierhaltungsinitiative nicht mehr konform, weil er in diesem Stall 6‘000 Hühner hält. Total 9‘000 🐓 🥚🥚🥚 @tierhaltung2022 pic.twitter.com/Gq7bdRh0YO
— Hannah von Ballmoos-Hofer (@HannahHofer7) April 25, 2022
Die Schweiz verfügt nach Angaben des Bundes bereits über eines der strengsten Tierschutzgesetze weltweit. Vorschriften gibt es etwa zum Platz pro Tier, zu Fütterung und Betreuung und zu Lichtverhältnissen im Stall. Noch strengere Bestimmungen gelten für Bio-Betriebe.
Das will die Initiative
Die Initiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» verlangt eine Verfassungsänderung zur landwirtschaftlichen Tierhaltung. Der Bund soll die Würde des Tieres in der landwirtschaftlichen Tierhaltung schützen. Konkret sollen Kriterien festgelegt werden für eine tierfreundlichere Haltung und Pflege, den Zugang der Tiere ins Freie und die Schlachtung. Ebenso soll der Bund bestimmen, wie viele Tiere höchstens zusammen in einem Stall untergebracht werden dürfen.
Keine Importe von «verbotenen» Produkten
Tiere und Tierprodukte, die mit in der Schweiz verbotenen Methoden produziert worden sind, dürfen gemäss Initiative nicht importiert werden. Dem Initiativkomitee genügen die derzeit geltenden Tierhalte-Vorschriften nicht. Die meisten landwirtschaftlichen Nutztiere verbrächten den Grossteil ihres Lebens zusammengepfercht auf Betonböden und hätten kaum Möglichkeiten, sich zu beschäftigen, schreiben sie. Alle Tiere und nicht wie heute nur rund jedes achte müssten regelmässigen Auslauf ins Freie bekommen.
Genau dies wird noch in grösseren Ausmassen geschehen, wenn die @tierhaltung2022-Initiative angenommen wird.
— Thomas von Allmen (@T_von_Allmen) June 29, 2022
Mehr Importe aufgrund Produkteknappheit?!
NEIN zur #Massentierhaltungsinitiative https://t.co/maisdGgOkg
Weiter will die Initiative, dass gegenüber heute die Zahl der gemeinsam in einem Stall gehaltenen Tiere reduziert wird. Laut dem Komitee trifft die Initiative «industrielle Grossbetriebe». Beim Bund ist die Rede von 3000 Betrieben, die sich anpassen müssten.
Die Gegner
Der Bundesrat, der sich bisher gegen die Initiative stellt, verweist auf die im weltweiten Vergleich strenge Gesetzgebung zum Tierschutz. Müssten Lebensmittel mit tierischen Produkten dem Bio-Standard entsprechen, führe dies höheren Preisen und weniger Auswahl. Importauflagen würden zudem internationale Handelsabkommen verletzen. Höhere Kosten kämen auch auf die Landwirtschaft zu.
Der Bundesrat findet, dass die Massentierhaltungsinitiative zu weit gehe und lehnt sie ab! Sie kommen erneut mit dem Argument der steigenden Preise für die Konsumenten. Mir fehlen die Worte ab solch einer Schweinerei!!!
— Jaroslav Hašek (@JSBach06965360) June 28, 2022
Das Nein-Komitee hält die Initiative angesichts des hohen hiesigen Tierwohl-Standards für unnötig. Der Bauernverband erwartet - gestützt auf eine Studie - einen Rückgang der Selbstversorgung mit Hühner- und Schweinefleisch sowie Eiern. Durch die staatliche Angebotsregelung verstösst die Initiative laut dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse gegen die Prinzipien des freien Marktes.
Auch Parlament dagegen
Das Parlament empfiehlt die Massentierhaltungsinitiative auch deshalb zur Ablehnung. Der Nationalrat tut dies mit 106 zu 77 Stimmen bei 8 Enthaltungen. Im Ständerat wird die Initiative mit 32 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Den vom Bundesrat ausgearbeiteten direkten Gegenvorschlag zur Initiative lehnte das Parlament auch ab.
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(sda/baz)