Was wurde entschieden?
Die SNB hat am Donnerstagmorgen verkündet, dass sie den SNB-Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,00 Prozent senkt. Die Zinsänderung gilt ab morgen, 27. September 2024.
Schon im März sowie im Juni dieses Jahres hatte die SNB den Leitzins um je einen Zinsschritt (also 0,25 Punkte) gesenkt. Im März kam dies sehr überraschend, da sie SNB als eine der ersten grossen Notenbanken weltweit den Leitzins zu senken begann.
Kommt der Entscheid überraschend?
Nein, dieser Zinsschritt wurde von den meisten Analystinnen und Experten zuvor so erwartet. Das lag nicht zuletzt an der US-Notenbank, die die Märkte am vergangenen Mittwoch überrascht hatte und ihre Zinswende mit einem grossen Schnitt um 50 Basispunkte eingeläutet hatte.
Warum senkt die SNB den Leitzins erneut?
Der Inflationsdruck in der Schweiz sei gegenüber dem Vorquartal nochmals deutlich zurückgegangen, erklärte die SNB am Donnerstag in einem Communiqué. Mit der Senkung des SNB-Leitzinses trage sie dem tieferen Inflationsdruck Rechnung.
Die Preisstabilität, also eine Teuerung von 0 bis maximal 2 Prozent, ist laut SNB mit dem auf 1,00 Prozent gesenkten Leitzins gewährleistet. So geht sie in ihrer neusten Prognose davon aus, dass die Inflation 2024 bei durchschnittlich 1,2 Prozent zu liegen kommt.
Für 2025 und 2026 werden Werte von nur noch 0,6 und 0,7 Prozent erwartet. Ein Wert von über 1 Prozent wird ab 2025 für kein Quartal im Prognosezeitraum geschätzt.
Damit hat die SNB ihre Prognosen gegenüber der letzten Beurteilung vom Juni markant gesenkt. Damals hatte sie - bei einem Leitzins von 1,25 Prozent - noch Jahresdurchschnittswerte von 1,3 Prozent für 2024, 1,1 Prozent für 2025 und 1,0 Prozent für 2026 vorhergesagt.
In den nächsten Quartalen könnten weitere Zinssenkungen erforderlich werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten. Gleichzeitig sei die SNB weiterhin bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu sein.
Sinken jetzt die Mieten?
Die Mietzinsen orientieren sich in der Schweiz am sogenannten Referenzzinssatz. Dieser ist ein Durchschnitt aller Zinsen, die auf Hypotheken in der Schweiz gezahlt werden. Diese wiederum orientieren sich am Leitzins der SNB.
Eine Veränderung bei den Mietzinsen nach einer Zinssenkung oder -erhöhung geschieht allerdings nicht sofort, der Referenzzinssatz gilt als «langsamer Tanker». Der Grund: Da auch langjährige Festhypotheken in die Rechnung fallen, verhält sich der Referenzzinssatz träge und es braucht Zeit, bis er steigt oder sinkt.
Der Referenzzinssatz wird vier Mal im Jahr neu angepasst. Derzeit liegt er bei 1,75 Prozent, und das schon seit Dezember 2023. Der nächste Termin, an dem er angepasst werden könnte, ist am 2. Dezember 2024.
Fakt ist: Per 30. Juni lag der durchschnittliche Zinssatz aller inländischen Hypothekarforderungen nur noch bei 1,67 Prozent. Fällt dieser auf 1,63 Prozent, dann würde abgerundet werden und der Referenzzinssatz auf 1,5 Prozent sinken. Und dann könnten Mieterinnen und Mieter eine Senkung des Mietzinses einfordern.
Was bedeutet nun der Zinsschritt vom Donnerstag? Normalerweise müsste er den Druck auf den Referenzzinssatz erhöhen. Viele Experten gehen allerdings trotzdem davon aus, dass dieser Schritt noch nicht reicht. Der Grund: Die Senkung wurde vom Markt bereits früh erwartet. Damit ist der neue Zinssatz bei den Hypotheken schon einkalkuliert und wird dadurch keinen grossen Effekt mehr haben auf neu abgeschlossene Hypotheken.
Trotzdem: Prognosen für den Referenzzinssatz sind mit extrem viel Unsicherheit behaftet. Und es gibt tatsächlich einige Experten, auch wenn sie in der Minderheit sind, die eine Senkung dieses Satzes nach der Senkung des SNB-Leitzinses vom Donnerstag bereits im Dezember für möglich halten.
Welche Auswirkungen hat eine Leitzinssenkung grundsätzlich ...... für Sparer und Anlegerinnen?
Für Menschen, die ihr Geld sparen und/oder anlegen, sind sinkende Zinsen Bad News: Sie kriegen für das Deponieren ihrer Ersparnisse tiefere Zinsen überwiesen.
... für Hausbesitzerinnen und -besitzer?
Grundsätzlich senken tiefere Leitzinsen alle Zinsen. Bei den Hypothekarzinsen – also den Zinsen, auf die Hypothekarkredite bezahlt werden müssen – ist das nicht anders, es kommt allerdings auf die Art der Hypothek an. So reagieren zum Beispiel Zinsen auf langfristigere Hypotheken anders als solche mit einer kürzeren Laufzeit.
Saron-Hypotheken, zum Beispiel, werden von weiteren Zinssenkungen der SNB sofort profitieren. Bei Festhypotheken hingegen ist das Abwärtspotenzial gering. Für diese ist es vielmehr von Bedeutung, von welchen langfristigen Szenarien die Marktteilnehmer ausgehen.
Wichtig ist aber, dass nicht alle Häuserbesitzerinnen oder potenzielle Käufer gleich und auch nicht gleichzeitig betroffen sind. Langfristige Festhypotheken, zum Beispiel, werden erst dann den neuen Zinsen angepasst, wenn sie ablaufen und dann erneuert werden.
... auf die Aktienmärkte?
Im Gegensatz zu denjenigen, die ihr Geld auf einem Sparkonto lagern, sind tiefere Leitzinse für solche, die in Aktien investieren, Good News. Wenn die Zinsen auf Sparguthaben sinken, können sich Anleger dafür entscheiden, ihr Geld wieder in Aktien zu investieren, weil sie jetzt damit möglicherweise mehr Geld einnehmen als mit Sparen.
Tiefere Leitzinsen sind in der Regel zudem ein Signal für Entspannung. Das Kapital wird dadurch auch wieder billiger, und Private und Unternehmen werden mehr investieren. Das kann dazu führen, dass das Vertrauen in ein Wachstum von Firmen wieder steigt, dass also mehr Aktien gekauft und damit deren Preise steigen werden.
Kurz: Sinken die Leitzinsen, steigen die Indizes der Aktienmärkte und umgekehrt. Die beiden Grössen verhalten sich in aller Regel entgegengesetzt zueinander.
... auf den Franken-Wechselkurs?
Durch eine Leitzinssenkung wird die entsprechende Währung abgewertet. Der Grund: Weil es günstiger ist, leihen sich die Banken mehr Geld bei der Zentralbank aus. Dadurch steigt die Geldmenge, die im Umlauf ist. Und wird das Geld weniger knapp, dann sinkt sein Preis, respektive der Wert einer Währung.
Senkt die SNB den Leitzins, dürfte sich also der Franken gegenüber anderen Währungen abwerten, der Druck auf die Schweizer Währung also etwas abnehmen. Allerdings: Es kommt langfristig auch darauf an, ob und wie stark die Notenbanker anderer Währungen ihre Leitzinsen im Vergleich senken.